Über 1.000 Menschen arbeiten beim ZDF als freie Mitarbeiter. Auch die ARD macht von diesem Beschäftigungsmodell regen Gebrauch. Hinter den freien Mitarbeitern stecken aber tatsächlich regulär beschäftigte Arbeitnehmer, befand nun das BSG. Unternehmen müssen bei der Einstellung künftig noch vorsichtiger sein, was sie in die Verträge schreiben, meint Amelie Bernardi.
Auf dem Tisch der Sozialrichter landete der Fall des ZDF-Grafikers, weil dieser für kurze Zeiten, zu denen der Sender ihn nicht beschäftigte, Arbeitslosengeld beantragt hatte und die Arbeitsagentur irgendwann nicht mehr einsah, ihm dieses zu zahlen.
Dagegen wehrte er sich gerichtlich. Blieb aber auch in letzter Instanz erfolglos, das Bundessozialgericht (BSG) befand: Der Mann ist dauerhaft und sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Urt. v. 11.03.2014, Az. B 11 AL 5/13).
ZDF verlangt hohe Flexibilität und eine 40-Stunden-Woche
Das ZDF hatte mit dem Kläger jeweils nur für einen Monat einen Vertrag abgeschlossen, diesen aber immer wieder verlängert. Der Grafiker gehörte einem Nachrichtenteam an, das Sendungen mit Standbildern, Karten und Erklärungsgrafiken versorgte. In dem Vertrag vereinbarten die Parteien eine bestimmte Anzahl von Arbeitstagen und eine Vergütung pro Arbeitstag. Der Arbeitsumfang variierte jeden Monat.
Die Einsatztage wurden zwar im Vorhinein festgelegt, konnten allerdings nachträglich geändert bzw. erweitert werden, wenn Kollegen erkrankten oder aus anderen Gründen ausfielen. Die Fernsehanstalt bescheinigte dem Kläger eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden. Urlaub musste der Kläger sechs Wochen vorher beantragen.
Dabei hatte der Sender zwar nichts dagegen, wenn der Grafiker auch für andere Auftraggeber tätig würde, das ZDF verlangte aber gleichzeitig von dem Mann eine so hohe Flexibilität, dass die Annahme anderer Aufträge praktisch unmöglich war. Tatsächlich hat der Grafiker auch nie für jemand anderes gearbeitet.
Begann der neue Vertrag nicht gleich im Anschluss an den vorherigen Monat oder waren die Einsatzzeiten tageweise unterbrochen, meldete sich der Grafiker arbeitslos. Das funktionierte zunächst, irgendwann verweigerte die Arbeitsagentur aber die Zahlungen, weil sie in dem Vertragsverhältnis zwischen dem ZDF und dem Grafiker ein Beschäftigungsverhältnis sah.
BSG geht von dauerhaftem Beschäftigungsverhältnis aus
Dem stimmte das BSG nun in letzter Instanz zu. Auch wenn der Graphiker nicht durchgehend bei der Fernsehanstalt beschäftigt war, so habe er doch in einem dauerhaften, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden.
Der Kläger sei an den Tagen, an denen er tatsächlich nicht gearbeitet hat, nicht arbeitslos gewesen. Die tageweisen Unterbrechungen führten nicht zu einer befristeten Beschäftigung, zumal der Kläger bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auch an Tagen, an denen er nicht für das ZDF arbeitete, einem umfassenden Weisungsrecht unterlag.
Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld lagen damit für die einsatzfreien Zeiten nicht vor.
Wie Verträge für freie Mitarbeiter nicht ausgestaltet sein sollten
Das Urteil hat nicht nur Auswirkungen für den Graphiker. Allein beim ZDF sind an die 1.000 Personen nach dem annähernd gleichen Prinzip beschäftigt. Bei anderen Fernsehsendern sieht es ähnlich aus. Und auch wenn der Fall sicherlich speziell auf Fernsehanstalten zugeschnittene Besonderheiten aufweist, sollten auch andere Unternehmen vorsichtig sein, die freie Mitarbeiter beschäftigen.
Die Entscheidung zeigt, wie Arbeitgeber Verträge für freie Mitarbeiter gerade nicht ausgestalten sollten. Man kann von einem freien Mitarbeiter nicht verlangen, zeitlich völlig flexibel zu sein, Urlaub langfristig anzumelden und andere Auftraggeber nachrangig zu behandeln. All das macht eine Tätigkeit bei anderen Auftraggebern nämlich de facto unmöglich. Wer dann noch – wie das ZDF – eine 40-stündige Arbeitswoche bestätigt, muss sich nicht wundern, wenn Gerichte von einem regulären Beschäftigungsverhältnis ausgehen.
Wenn ein Betrieb freie Mitarbeiter einsetzt, sollte er auf solche Formulierungen verzichten. Es sollte alles vermieden werden, was auf ein Weisungsrecht oder eine Eingliederung in die Betriebsabläufe desjenigen hinweist, der den freien Mitarbeiter für sich tätig werden lässt.
Ob der Grafiker nun Ansprüche gegen das ZDF hat, darüber hat das BSG nicht entschieden. In Kassel ging es allein um die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Arbeitslosengeld hat.
Die Fernsehsender sollten nun darauf achten, nicht in die Gefahr zu geraten, Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen zu müssen. Dazu können sie argumentieren, es handelte sich um ein Teilzeitarbeitsverhältnis mit bestimmten Einsatztagen. Bei Teilzeitarbeitsverhältnissen muss der Arbeitgeber nämlich nur für die tatsächlichen Einsatzzeiten Sozialversicherungsbeiträge abführen.
Die Autorin Amelie Bernardi ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei FPS in Frankfurt am Main.
BSG zu freien Mitarbeitern beim ZDF: . In: Legal Tribune Online, 13.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11312 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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