Eine herbe Niederlage - nicht nur für Apple
Das letztinstanzliche Urteil bedeutet für Apple in Deutschland eine herbe Niederlage. Das Patent auf die Wischbewegungen ist eine der "Kronjuwelen" aus Apples Patentportfolio, das in den vergangenen Jahren gegen Wettbewerber wie Samsung und Motorola eingesetzt wird.
Wettbewerber nutzten allerdings auch in der Vergangenheit schon Entsperrlösungen, die von dem von Apple beanspruchten Verschieben eines Entsperrbildes abweichen, zum Beispiel eine Wischbewegung von einem Kreismittelpunkt hin zum Kreisrand. Für diese konnte auch bei Bestehen des Patents nicht ohne weiteres eine Patentverletzung festgestellt werden.
Auch für andere innovationsstarke Unternehmen mit Fokus auf softwarebasierten Erfindungen schafft die Entscheidung aber mehr Klarheit für die Beurteilung der Schutzfähigkeit ihrer Lösungen. Erst die Urteilsgründe werden ergeben, ob der BGH erneut den Grundsatz bestätigt, dass softwarebasierte Verbesserungen, die nur den Bedienkomfort eines technischen Gerätes erhöhen, regelmäßig nicht patentierbar sind.
Computerimplementierte Erfindungen weiter schwer patentierbar
Die Grenzen der Schutzfähigkeit computerimplementierter Erfindungen waren in der Vergangenheit immer wieder ein Streitpunkt auf nationaler und europäischer Ebene. Deutsche Gerichte prüfen bei Erfindungen mit Bezug zu Geräten und Programmen der elektronischen Datenverarbeitung, ob der Gegenstand der Erfindung vom Patentschutz ausgeschlossen ist, weil er lediglich ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches darstellt.
Der Ausschlusstatbestand greift nicht ein, wenn die Prüfung ergibt, dass die zum Patent ange-meldete Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen – aber nur dann, wenn sie die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln bestimmen oder zumindest beeinflussen.
Nach der im Apple-Fall bestätigten Ansicht des BPatG fehlt es an der für den Patentschutz not-wendigen technischen Wirkung, wenn lediglich eine Information grafisch dargestellt wird. Der Benutzer erhält nur ein "optisches Feedback", dass der Beginn einer Entsperrgeste vom Gerät erkannt, und dass deren weitere Ausführung von ihm verfolgt wird. Irgendwelche "auf technischen Überlegungen beruhenden Erkenntnisse" liegen einer solchen Maßnahme aus Sicht des BPatG nicht zugrunde.
Der BGH war zwar verglichen mit den Münchner Richtern zwar offenbar großzügiger hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eine technische Lösung vorliegt. Dafür hat er die angebliche Erfindung jedoch im zweiten Schritt gekippt und die benutzerfreundlichere Anzeige zumindest aus fachmännischer Sicht als naheliegend und damit nicht erfinderisch beurteilt. Damit bestätigt Karlsruhe den Trend, dass in Deutschland grundsätzlich hohe Anforderungen für die Patentier-barkeit für computerimplementierte Erfindungen gelten.
Der Autor Dr. Johannes Graf Ballestrem, LL.M. ist Rechtsanwalt im Kölner Büro von Osborne Clarke.
Sperre für Apple-Entsperrung: . In: Legal Tribune Online, 26.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16709 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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