Es war ein Rauswurf mal anders herum: Ein Mieter hatte seine Vermieterin kurzerhand gepackt und vor die Tür getragen, als diese sich ohne Absprache in seiner Wohnung umsah und Gegenstände verstellte. Dass die Frau sich gedemütigt fühlte, interessierte den BGH am Mittwoch nicht: Ihre Kündigung war nicht einmal als ordentliche wirksam. Glück gehabt, meint Dominik Schüller.
Die Ausgangslage war ganz harmlos: Vermieterin und Mieter vereinbarten einen Besichtigungstermin für das vermietete Wohnhaus. Hintergrund waren die neu installierten Rauchmelder, welche die Vermieterin gerne in Augenschein nehmen wollte.
Das war ihr jedoch nicht genug. Sie wollte bei dieser Gelegenheit auch andere Zimmer betreten und besichtigen, die nicht mit Rauchmeldern ausgestattet worden waren. Unter anderem öffnete sie dabei ein Fenster und entfernte Gegenstände von der Fensterbank.
Hiermit war der Mieter nicht einverstanden. Er forderte die Vermieterin auf, das Haus zu verlassen. Als dies nicht fruchtete, umfasste er sie mit den Armen und trug sie vor die Tür. Die Vermieterin wollte dies nicht auf sich sitzen lassen und kündigte das Mietverhältnis kurzerhand fristlos und hilfsweise ordentlich.
Der Streit mündete in einer Räumungsklage vor dem Amtsgericht (AG), vor dem die Vermieterin verlor. Das Landgericht (LG) sah die Sache anders und verurteilte den Mieter zur Räumung und Herausgabe des Wohnraumes.
Hausrecht: Notwehr gegen die Vermieterin
Der Bundesgerichtshof verwarf die Entscheidung des LG und war der Auffassung, dass die Vermieterin keinen Grund zur Kündigung hatte (BGH, Urt. v. 04.06.2014, Az. VIII ZR 289/13). Sie habe entgegen der Absprache eine weitergehende Besichtigung der Wohnräume durchführen wollen, zu der sie nicht berechtigt gewesen sei.
Mit dem Versuch, diese dennoch und gegen den Willen des Mieters durchzuführen, habe sie dessen Hausrecht verletzt. An dem Vorfall trage sie daher zumindest eine Mitschuld.
Selbst wenn der Mieter, als er die Vermieterin kurzerhand vor die Tür trug, die Grenzen der Notwehr geringfügig überschritten haben sollte, wäre das nach Ansicht der Karlsruher Richter keine gravierende Pflichtverletzung dar, die es für die Vermieterin unzumutbar gemacht hätte, das Mietverhältnis fortzusetzen. Nicht einmal ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses billigte der für das Wohnraummietrecht zuständige VIII Zivilsenat der Vermieterin zu, obgleich diese sich durch das Verhalten ihres Mieters gedemütigt gefühlt hatte.
Lieber schön vorsichtig bleiben
Auch wenn es in diesem Fall gut für den Mieter ausgegangen ist, ist die Rechtsprechung im Regelfall in solchen Fällen nicht sonderlich kulant. . Der vom BGH entschiedene Fall ist daher eher als Ausnahme zu betrachten.
So hat das AG München (Urt. v. 07.02.2013, Az. 411 25348/12) entschieden, dass die Beschimpfung des Hauswartes als Verbrecher, Spitzel und Lügner einen Kündigungsgrund darstellen kann. Selbiges hat das LG Halle (Urt. v. 08.06.2011, Az.: 2 S 277/10) für die Mieterbehauptung festgestellt, Mitarbeiter des Vermieters kämen aus dem Rotlichtmilieu.
Gewalttätigkeiten gegen Vermieter oder andere Mieter führen ebenfalls regelmäßig zu einer wirksamen Kündigung (so z.B. LG Berlin, Urt. v. 26.06.2008, Az. 67 S 337/07 für fünf Faustschläge).
Mietern kann man daher nur zur Vorsicht raten. Nicht jede Provokation des Vermieters führt dazu, dass er zu einer Gegenreaktion berechtigt wäre. Wenn der Vermieter schnell genug handelt, kann eine unbedachte Handlung oder Äußerung den Mieter schnell seine Wohnung kosten.
Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Immobilienrechtskanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin.
Mit Materialien von dpa
Dominik Schüller, Vermieterin hinaus getragen: . In: Legal Tribune Online, 05.06.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12184 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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