BGH kippt AGB-Klausel des Kfz-Gewerbes: Kurze Verjährung beim Gebrauchtwagenkauf unwirksam

von Professor Dr. Christian Wolf und Tim Brockmann

29.04.2015

2/2: Zwei Klauseln, zwei Verjährungsfristen = widersprüchlich

Die Klauseln sind nämlich widersprüchlich und damit intransparent, so der Senat. Nach Abschnitt VI (Sachmangel) Nr. 1 Satz 1 sollten Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren. Danach darf der Verkäufer die Nacherfüllung wegen eines Sachmangels verweigern, so dass auch für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Nacherfüllungspflicht nach einem Jahr kein Raum mehr wäre.

Andererseits, so der BGH, ergibt sich aus den Regelungen der Abschnitte VI (Sachmangel) Nr. 5 und VII (Haftung), dass für sämtliche Schadensersatzansprüche die Verjährungsfrist nicht verkürzt ist und damit die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gelten soll.

Für sich genommen regelt Abschnitt VII (Haftung) aber gar keine zeitliche Beschränkung der Schadensersatzhaftung bei Sachmängeln, sondern beschränkt die Haftung des Verkäufers – zulässigerweise – nur gegenständlich  Die Einschränkungen des Abschnitts VI (Sachmangel) aber, und damit auch die Verkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr, sollen auch nicht greifen, so will es Abschnitt VI (Sachmangel) Nr. 5. Danach würde dann die gesetzliche Regelung des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB gelten: Der Anspruch würde erst nach zwei Jahren verjähren.

Welche Regelung auf Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung der Pflicht zur Nacherfüllung bei Vorliegen eines Sachmangels gelten soll, bleibt unklar. Einerseits gilt Abschnitt VI (Sachmangel) Nr. 1, weil es sich um einen Sachmangel handelt, andererseits Abschnitt VI (Sachmangel) Nr. 5, weil sich daraus ein Schadensersatzanspruch ableitet. Abschnitt VII (Haftung), der eigentlich gelten soll, schweigt aber zur zeitlichen Haftungsbeschränkung.

Widersprüchlich = intransparent = unwirksam

Die AGB geben somit - aus der maßgeblichen Sicht des Kunden - keine eindeutige Antwort darauf, binnen welcher Frist er vom Verkäufer Schadensersatz wegen Verletzung einer Nacherfüllungspflicht bei Sachmangelhaftigkeit der Kaufsache verlangen kann, befand der Kaufrechts-Senat.

Das reichte den Richtern, um sie für insoweit unwirksam zu erklären: "Ein durchschnittlicher, juristisch nicht vorgebildeter Kunde kann den widersprüchlichen AGB nämlich nicht entnehmen, ob er Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung bereits nach einem Jahr oder aber erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren nicht mehr geltend machen kann".

Nicht nur die Entscheidungen der Vorinstanzen zeigen, dass man zu diesem Ergebnis auf mehreren Wegen hätte kommen können. Vorformulierte Klauselwerke können, dessen muss sich jeder Verwender bewusst sein, Meinungsverschiedenheiten hervorrufen. Unabhängig davon, dass am Ende verschiedene juristische Adressaten unterschiedliche Wege gehen können, um AGB zu beurteilen, sollte kein Muster, egal ob frei im Internet verfügbar oder aus einem teuren Formularhandbuch, einfach übernommen werden.

Es gilt, immer die speziellen Bedürfnisse des Verwenders und seiner Kunden im Auge zu haben. Eine selbst durchgeführte Verständnis- und Schlüssigkeitskontrolle aus der Sicht von Kunde und Verwender ist durch nichts zu ersetzen. Auch nicht durch eine Unverbindliche Empfehlung des Zentralverbandes des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes e.V.

Der Autor Professor Dr. Christian Wolf ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Zivilprozessrecht an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover, Tim Brockmann ist dort wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand.

Zitiervorschlag

BGH kippt AGB-Klausel des Kfz-Gewerbes: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15397 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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