BGH ändert seine Rechtsprechung: Schwarzarbeit ist und bleibt Murks

von Christian Wolf und Hannah Schmitz

02.08.2013

Wer einen Handwerker schwarz beauftragt, hat eben Pech gehabt, wenn der nicht ordentlich arbeitet. Könnte man meinen – aber nicht, wenn es nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH ging. Nun aber hat Karlsruhe anders entschieden. Und konnte dabei elegant sein Gesicht wahren, meinen Christian Wolf und Hanna Schmitz.

Schwarzarbeit ist Murks, jedenfalls für diejenigen, die ihrer Steuerpflicht ordnungsgemäß nachkommen. In der Schattenwirtschaft werden jährlich 340 Milliarden Euro umgesetzt. Dies entspricht 13,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Es ist kein Wunder, dass der Gesetzgeber daher versucht hat, die Schwarzarbeit stärker zu bekämpfen.

Seit der Neufassung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) im Jahr 2004 wird von dem Verbot auch die sogenannte Ohne-Rechnung-Abrede erfasst. Bei einer solchen Vereinbarung kommen Besteller und Unternehmer überein, dass für die Werkleistung keine Rechnung erstellt werden soll, um so den Werklohn schwarz zu vereinnahmen, also ohne Umsatz- und Einkommensteuer zu zahlen.

Zum Problem wird dies häufig nicht erst, wenn die Steuerfahndung klingelt, sondern wenn die Schwarzarbeit nicht nur die Steuer minderte, sondern auch minderer Qualität war. Kann der Besteller dann Mängelrechte geltend machen? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das nun verneint und damit seine Rechtsprechung geändert (Urt. v. 01.08.2013, Az. VII ZR 6/13).

Früher: Gewährleistung auch bei Schwarzarbeit möglich

Nach alter Rechtslage vor Inkrafttreten des SchwarArbG führte die "Ohne-Rechnung-Abrede" nicht automatisch zum Ausschluss der Gewährleistungsansprüche (BGH, Urt. v. 24.04.2008, Az. VII ZR 42/072007).

In seiner damals geltenden Fassung erfasste das SchwarzArbG die Steuerhinterziehung noch nicht. Man konnte daher fragen, ob aus der Nichtigkeit der "Ohne-Rechnung-Abrede" nach § 139 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch die Gesamtnichtigkeit des Vertrags folgt. Da § 2 Ans. 2 Nr. 2 SchwarzArbG in seiner neuen Fassung die Abrede aber nun einschließt, ist es im Grunde nicht mehr möglich, den Vertrag in einen wirksamen und unwirksamen Teil aufzuspalten.

Deutlich tragender als diese rechtstechnische Aufspaltung des Vertrags war in der Entscheidung der höchsten deutschen Zivilrichter aus dem Jahr 2008 allerdings die Berufung auf § 242 BGB, das Argument von Treu und Glauben.

Der Bauunternehmer würde sich treuwidrig verhalten, wenn er sich gegenüber den Gewährleistungsansprüchen auf die Nichtigkeit des Vertrags beriefe, so die damalige Argumentation des BGH. Eine Rückabwicklung des Vertrages sei durch Rückgabe der Leistung, wenn überhaupt, gewöhnlich nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich. Das Eigentum des Bestellers wurde, so der BGH 2008, mit der mangelhaften Bauleistung nachhaltig belastet. Eine Rückabwicklung sei regelmäßig wirtschaftlich nicht sinnvoll.

Zwar kein Geld, aber bitte auch keine Mängel?

Richtig zu überzeugen vermochte die Argumentation des BGH bereits im Jahr 2008 nicht. Die besondere Schutzwürdigkeit des Bestellers ist nur schwer begründbar.

Gewährleistungsansprüche kommen wohl auch nach § 242 BGB überhaupt nur in Betracht, wenn Leistung und Gegenleistung des nichtigen Vertrags bereits erbracht sind. Hat der Besteller den Schwarzarbeiter-(Werk-)lohn noch nicht gezahlt und weigert sich mit Blick auf die Nichtigkeit des Vertrags, die Zahlung zu erbringen, kann man über § 242 BGB nicht einen Anspruch auf Gewährleistung gegen den Werkunternehmer begründen nach dem Moto: "Wenn schon kein Werklohn, dann aber bitte mangelfreie Arbeit".

Der Murks des Schwarzarbeiters belastet den Besteller nicht über Gebühr. Zwar trägt er das Risiko, für den Werklohn, also seine die Schwarzarbeit finanzierende Gegenleistung, nicht die vertragliche vereinbarte Leistung, nämlich ein mangelfreies Werk zu erhalten. Das Problem ist nur, dass es an einem Anknüpfungspunkt für den Ausgleich der vertraglichen Äquivalenzstörung von Leistung und Gegenleistung fehlt. Das Gewährleistungsrecht kann vertraglichen Äquivalenzstörungen nur Rechnung tragen, wenn es einen wirksamen Vertrag gibt.

Eine elegante 180-Grad-Wendung

Verursacht die Schwarzarbeit Schäden am sonstigen Eigentum des Bestellers, die über das eigentliche Werk hinausgehen, sogenannte Mangelfolgeschäden, verbleiben ihm deliktische Ansprüche.

Ein Schwarzarbeiter, der das Dach nicht ordnungsgemäß eindeckt, muss zwar künftig nicht nachbessern. Er muss aber Schadensersatz leisten, wenn beim nächsten Sommergewitter die wertvolle Bildersammlung aufgrund des undichten Dachs beschädigt wird.

Nicht Einzelfallgerechtigkeit steht im Mittelpunkt des Revisionsrechts. Aufgabe eines Revisionsgerichts ist es vielmehr, für Rechtsfortbildung, Rechtsvereinheitlichung und Rechtssicherheit zu sorgen.

Rasche Rechtsprechungsänderungen vertragen sich mit dieser Aufgabe nur schwer. So gesehen ist der BGH ein großer Tanker. Fünf Jahre ist eigentlich eine sehr kurze Zeitspanne für eine 180-Grad-Wendung. Die Neufassung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes hat dem BGH die elegante Möglichkeit eröffnet, seine eigene Rechtsprechung hinter sich zu lassen. 

Der Autor Christian Wolf ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsches, Europäisches und Internationales Zivilprozessrecht an der Juristischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover, die Autorin Hanna Schmitz ist Mitarbeiterin am dortigen Lehrstuhl.

Zitiervorschlag

BGH ändert seine Rechtsprechung: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9274 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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