BGH zur Panoramafreiheit für "nicht ortsfeste Objekte": Der Kuss des Kreuz­fahrt­riesen

von David Ziegelmayer

28.04.2017

2/2: "Bleibt" das Schiff, obwohl es sich bewegt?

Und als sei der Fall für eine Jura-Examensklausur gemacht, geht es hier an die Interpretation des Rechts: Ist ein Kreuzfahrtschiff in einem Hafen "bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen"? Der BGH hat dies am Donnerstag bejaht – die ausführliche Begründung steht allerdings noch aus. Schon jetzt zeichnet sich nach der Pressemitteilung des Gerichts aber ab, dass der BGH wie das Oberlandesgericht Köln und die juristische Literatur den Begriff "bleibend" nicht mit "ortsfest" gleichsetzt.

Mit anderen Worten: Das Schiff bewegt sich zwar, ist aber deswegen nicht weg. So hatten die Kölner Richter bereits festgestellt: "Die Vorschrift des § 59 UrhG ist daher auch auf mit Fahrzeugen verbundene Werke anwendbar, die bestimmungsgemäß im öffentlichen Raum eingesetzt [werden]. Auch in diesem Fall verbleibt das Werk dauerhaft im öffentlichen Raum, nur eben nicht immer an der gleichen Stelle." Der BGH sieht das Schiff deswegen "bleibend" an öffentlichen Orten, weil es dazu bestimmt ist, für längere Dauer auf der Hohen See, im Küstenmeer, auf Seewasserstraßen und in Seehäfen eingesetzt zu werden. Dort könne es von für jedermann frei zugänglichen Orten aus wahrgenommen werden.

Die Pressemitteilung des BGH deutet darauf hin, dass in der Urteilsbegründung eine ausführliche Klärung der streitigen Fragen zu Fahrzeugen im Allgemeinen erfolgen wird. Denn obwohl es in dem Fall darum konkret gar nicht ging, hat das Gericht in der Pressemitteilung darauf hingewiesen, dass die Panoramafreiheit auch Werke an Fahrzeugen, die bestimmungsgemäß im öffentlichen Straßenverkehr eingesetzt werden, erfasst. Dabei könne es sich etwa um Werbung auf Omnibussen oder Straßenbahnen handeln, die den Anforderungen an Werke der angewandten Kunst genügt.

Eiffelturm bei Nacht bleibt ein urheberrechtliches Problem

Das Fotografieren und Filmen im öffentlichen Raum würde demnach zu weitgehend eingeschränkt, wenn Aufnahmen solcher Fahrzeuge urheberrechtliche Ansprüche auslösen könnten. Künstler, die Werke für einen solchen Verwendungszweck schaffen, müssen es daher hinnehmen, dass ihre Werke an diesen öffentlichen Orten ohne ihre Einwilligung fotografiert oder gefilmt werden.

Damit wäre die Frage hierzulande geklärt. Vorsicht ist allerdings weiterhin bei Fotoaufnahmen im Ausland angebracht. Einheitliche Regelungen gibt es dazu nicht einmal in der EU. So ist der einem Kussmund in Punkto Romantik in nichts nachstehende Eiffelturm bei Nacht - zum Erstaunen vieler Fotografen – weiterhin nicht "urheberrechtsfrei".

Der Autor David Ziegelmayer ist Rechtsanwalt und als Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert auf Know-how-, Wettbewerbs- und Markenschutz sowie Urheberrecht für Unternehmen.

Zitiervorschlag

David Ziegelmayer, BGH zur Panoramafreiheit für "nicht ortsfeste Objekte": . In: Legal Tribune Online, 28.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22775 (abgerufen am: 02.11.2024 )

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