2/2: Das große "Aber" kommt zum Schluss
Die Entscheidung des BGH enthält jedoch noch ein "Aber", aus dem sich nun ein weiterer, wenn auch nicht ganz neuer Aspekt ergibt. Der Gesetzeswortlaut verlangt, dass das öffentliche Zugänglichmachen "geboten" ist.
Was das bedeutet, lässt sich ebenfalls dem Vertrag zwischen VG Wort und Bundesländern entnehmen: Geboten ist ein Zugänglichmachen, "wenn das Werk nicht in zumutbarer Weise vom ausschließlichen Rechteinhaber in digitaler Form für die Nutzung im Netz der Schulen angeboten wird." Anders ausgedrückt: Bildungseinrichtungen haben dann freie Fahrt, wenn ihnen die Verlage keine angemessene Lizenz anbieten. Die Beteiligten sollen sich also über eine Vergütung verständigen. Die Fernuniversität Hagen hatte tatsächlich ein Lizenzangebot für die "Meilensteine" bekommen. Ob das angemessen war, wird nun das Berufungsgericht prüfen müssen.
Der I. Zivilsenat knüpft damit an seine Rechtsprechung aus März dieses Jahres an zum Gesamtvertrag zwischen VG Wort und Bundesländern, den das OLG München in der Vorinstanz festgesetzt hatte. Dabei ging es ebenfalls ums die Vergütung für das Einstellen von Texten ins Intranet von Hochschulen (BGH, Urt. v. 20.03.2013, Az. I ZR 84/11). Weil man sich nicht einigen konnte, hatte das OLG seinerzeit einen Gesamtvertrag festgelegt, den der BGH allerdings nicht in allen Punkten gebilligt und vor allem im Hinblick auf die Höhe und Berechnung einer Vergütung wieder zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hatte.
Immerhin haben die Stuttgarter Kollegen nun ein paar Richtlinien mit auf den Weg bekommen, woran sich eine angemessene Vergütung orientieren kann. Die sogenannte Kopiervergütung sei ein Ansatzpunkt.
§ 52a UrhG: Bisher nur eine befristete Regelung
Damit klärt der BGH zwar nicht alle strittigen Punkte, aber zumindest was "kleine Teile" sind und was "Veranschauchlichung" bedeutet. Das ist selbst für Präsenzhochschulen relevant, die nicht in erster Linie wie eine Fernuniversität, Inhalte über Lernplattformen zur Verfügung zu stellen. Gerade in Zeiten zunehmender Angebote im Bereich des so genannten E-Learning oder Distance-Learning wird das Bereitstellen urheberrechtlich geschützter Lehrinhalte auch für andere Bildungseinrichtungen immer wichtiger.
Im Übrigen ist § 52a UrhG rechtspolitisch nicht unumstritten. Vor zehn Jahren zunächst als befristete Lösung bis Ende 2006 geschaffen, ist sie seit dem bereits viermal verlängert worden. Zwischenzeitlich vorgenommene Evaluierungen der Vorschrift haben noch nicht zu einer abschließenden Bewertung geführt, da man erst noch Entscheidungen der Rechtsprechung abwarten wollte.
Nun wird man wohl noch etwas länger warten müssen. Die Forderung von Verlagen, die Vorschrift gänzlich zu streichen, blieb bislang ungehört. Während sich die SPD für eine Entfristung ausgesprochen hatte, verlängerte die christlich-liberale Koalition die Regelung bis Ende 2014. Die kommende Große Koalition hat sich noch nicht positioniert.
Der Autor Prof. Dr. André Niedostadek, LL.M. lehrt Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule Harz.
André Niedostadek, BGH zu E-Lernplattformen: . In: Legal Tribune Online, 03.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10218 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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