2/2: Äußerung zu umstrittenem Umfang der Netzbetreiberpflichten
Der BGH scheint sich nun ausdrücklich darauf festzulegen, dass "eine diesbezügliche Aufklärungspflicht des Netzbetreibers grundsätzlich nicht" besteht. Vielmehr obliege es ausschließlich dem Anlagenbetreiber, "sich über die geltende Rechtslage und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung nach dem EEG zu informieren".
Es bleibt abzuwarten, ob sich der BGH in den Urteilsgründen näher als die Pressemitteilung der spannenden wie umstrittenen Frage zuwendet, ob und in welchem Umfang Netzbetreiber im Vorfeld und im Verlauf der Auszahlung von EEG-Vergütung verpflichtet sind, die Förderfähigkeit der eingespeisten Strommengen zu prüfen. Die Berufungsinstanz hatte insoweit noch hervorgehoben: "Da gesetzliche Regelungen fehlen, müssen der Umfang der Hinweispflichten [des Netzbetreibers, Anm. des Autors] und der etwaige Verantwortungsbeitrag des Anlagenbetreibers nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt werden."
Der Netzbetreiber hatte im vorliegenden Fall jedenfalls nach Auffassung der vorinstanzlichen Gerichte hinreichend über die gesetzliche Sanktion aufgeklärt und nach nicht nachvollziehbarer Auffassung der Berufungsinstanz auch dadurch hinreichend geprüft, indem er sich "auf dem Formblatt die Voraussetzungen für Bestehen und Höhe der Vergütungspflicht abgefragt und sich hat bestätigen lassen".
Dies greift im Hinblick auf die Prüfungspflicht aber zu kurz.
Angesichts der wichtigen Rolle der Netzbetreiber als "Sachverwalter" des EEG-Kontos wären eine eindeutige Pflichtzuordnung und eine tatsächliche Überprüfung im Einzelfall zu begrüßen. Zwar adressiert das EEG vornehmlich Pflichten der Anlagenbetreiber. Dem Gesetzeszweck, der eine Rückforderungspflicht schließlich nur für maximal drei Abrechnungsjahre ermöglicht, wird ohne Prüfungspflichten nicht genüge getan.
Anwendungspraxis und gesetzgeberische Wankelmütigkeit sind Teile des Problems
Die Feststellung, dass der Betrieb einer EEG-Anlage ein Gewerbebetrieb ist und die Anlagenbetreiber für diesen endverantwortlich sind, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ursachen für die Viel-zahl der Gesetzesverstöße auch andernorts zu finden sind.
In Deutschland kümmern sich nahezu 900 Netzbetreiber um die Abwicklung der EEG-Vergütung, in aller Regel jedoch als "durchlaufender Posten". Die Anwendungspraxis bei der Anlagenerfassung, Prüfung der Förderfähigkeit und Abrechnung kann dabei nicht im Ansatz als einheitlich bezeichnet werden. Die Netzbetreiber werden ihrer treuhänderischen Sachwalterstellung regelmäßig nicht gerecht, insbesondere auch bei der Handhabung von Netzengpässen und Maßnahmen des Einspeisemanagements.
Der Gesetzgeber trägt recht wenig zur Lösung bei. Die Halbwertszeit der EEG-Vorschriften ist sehr gering. Die Komplexität und Unübersichtlichkeit der Fördervoraussetzungen, Register- und Melde-pflichten und Sanktionsvorschriften steigt mit jeder Novelle konstant an. Aktuelle Beispiele sind die Entwicklung der Eigenversorgungsregelungen und die Unklarheiten bei der Überprüfung der Fernsteuerbarkeit.
Achtsamkeit der Anlagenbetreiber, regelmäßige Prüfpflichten der Netzbetreiber, konsequente Einforderung durch die Bundesnetzagentur und eine servicegetriebene Unterstützung durch die Direktvermarkter könnten weitere Urteile dieser Art verhindern.
Dr. Daniel Breuer ist Rechtsanwalt und Counsel der internationalen Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke und auf das Recht der Erneuerbaren Energien spezialisiert. Er ist Mitglied im Juristischen Beirat des Bundesverbands WindEnergie (BWE).
BGH bestätigt Rückforderung von EEG-Vergütung: . In: Legal Tribune Online, 06.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23386 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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