2/2: Identität der Seitenbetreiber notfalls mit Detektiv zu ermitteln
Eine Störerhaftung des Access-Providers kommt allerdings nur in Betracht, wenn der Rechteinhaber zunächst zumutbare Anstrengungen unternommen hat, gegen diejenigen Beteiligten vorzugehen, die "näher" an der Rechtsverletzung dran sind. Im Regelfall sind dies zumindest der Betreiber der Internetseite sowie der Hosting-Anbieter, auf dessen Servern die Seite läuft. Nur wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers als Störer zumutbar.
Dabei muss der Rechteinhaber einige Mühen auf sich nehmen: Wenn, wie dies im Verfahren der GEMA der Fall war, die Adressen sowohl des Seitenbetreibers als auch des Hosting-Anbieters falsch seien, so müssten zunächst weitere Nachforschungen nach ihrer Identität angestellt werden - etwa durch Beauftragung einer Detektei, eines Unternehmens, das Ermittlungen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Angeboten im Internet durchführt, oder Einschaltung der staatlichen Ermittlungsbehörden. Derartige Anstrengungen hatten beide Kläger nicht unternommen.
Auch Freifunker sind betroffen
Die beiden heute verkündeten Urteile des BGH sind nicht nur für die großen Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen (Telekom, Vodafone, Telefonica, Unitymedia, etc.) von Interesse. Denn in jüngster Vergangenheit erfreute sich das Thema "Freifunk" bzw. "free wifi" wachsender Beliebtheit. In vielen Bahnhöfen, Krankenhäusern, Hotels, Cafés und anderen der Öffentlichkeit zugänglichen Räumlichkeiten sind inzwischen Hinweise auf kostenlos nutzbare "Hotspots" zu finden. Teilweise organisieren sich Private in Interessengemeinschaften und stellen ihre eigenen Internetanschlüsse über offene WLANs – manchmal ohne Beachtung ihrer eigenen Verträge mit den vorgenannten großen Anbietern – der Öffentlichkeit frei zur Verfügung.
Verfügen derartige Gemeinschaften über eine hinreichende Anzahl von Mitgliedern, kommt in kleinen Gebieten eine beachtliche Netzabdeckung zustande. Die Verantwortlichen für diese Angebote, seien es Kaffeehäuser oder schlicht Privatpersonen, zählen im Hinblick auf die über ihre Systeme begangenen Rechtsverletzungen auch "nur" zu den Access-Providern und stehen in keiner anderen Verantwortung als die großen Anbieter, die vor dem BGH verklagt wurden. Die Frage im Einzelfall ist nur, ob z.B. ein Privater der außergerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen und dem ggf. nachfolgenden Prozess – finanziell wie nervlich –so lange standhält, wie es z.B. bei der Telekom der Fall war.
Der Autor Stefan Sander, LL.M., B.Sc. ist Software-Systemingenieur sowie Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht bei SDS Rechtsanwälte Sander Dahm Schöning PartGmbB.
BGH zur Haftung von Access-Providern: . In: Legal Tribune Online, 26.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17680 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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