VW haftet für den Abgasskandal - ein bisschen
Es war die Entscheidung des Jahres - und selten war ein Urteil des BGH mit solcher Spannung erwartet worden. Am 25. Mai war es so weit:VW kassierte eine Menge Schelte vom VI. Zivilsenat. Der Verbau von Abschalteinrichtungen war eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung, basierend auf einer strategischen Entscheidung des Konzerns, um den Gewinn zu maximieren - bewusst getroffen und jahrelang verfolgt von den Entscheidern bei VW, zum Schaden ihrer ahnungslosen Kunden, so der BGH. Der Senat bejahte einen Schaden und billigte gleich auch denjenigen Kunden einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags zu, die ihre Kfz gebraucht und gar nicht beim VW-Händler erworben haben. Strafschadensersatz allerdings gab es nicht, die gefahrenen Kilometer müssen sich die geprellten VW-Käufer anrechnen lassen.
Es war die erwartet deutliche Entscheidung des BGH. Und doch führte sie keineswegs dazu, dass nun halb Deutschland seinen Pkw zurückgeben und von VW sein Geld zurückbekommen konnte. Am Ende war vielmehr VW erfolgreich mit einer Verschleppungstaktik, die über Jahre zahlreiche Instanzgerichte beschäftigt hatte. So kam das Urteil des BGH erst, als der Autobauer sich mit über 240.000 Kunden im Rahmen der erste deutschen Musterfeststellungsklage schon geeinigt hatte.
Und die nachfolgenden Entscheidungen aus Karlsruhe in Sachen Dieselskandal fielen überwiegend zugunsten von VW aus. So änderten zwar die von dem Konzern angebotenen Software-Updates nichts daran, dass die Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz haben, urteilte der BGH Ende Juli. Doch einen Anspruch auf Deliktszinsen gibt es nicht. Und wenn der Wert der gefahrenen Kilometer den zurückzuzahlenden Schadensersatzanspruch übersteigt, dann ist das eben so.
Wer seinen VW nach Herbst 2015 kaufte (sog. Kauf-nach-Kenntnis-Fälle), hat ebenso wenig einen Anspruch wie derjenige, der sein Auto zwar zuvor erworben, aber erst im Jahr 2019 Klage eingereicht hat. Im Herbst 2015, spätestens mit der Ad-hoc-Mitteilung und der Presseerklärung von VW vom 22. September 2015, sei der Skandal bekannt gewesen und auch, welche Fahrzeuge davon betroffen gewesen seien, so der BGH. Wer sich danach noch einen VW kaufte oder, obwohl er davon wusste, erst nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist im Jahr 2018 klagte, sei selbst schuld, entschieden die höchsten Zivilrichterinnen und –richter Deutschlands im Dezember.
Sollte man kennen: . In: Legal Tribune Online, 23.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43829 (abgerufen am: 02.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag