Nach dem BGH-Urteil zum Framing müssen Nutzer vorab recherchieren, ob der Rechteinhaber seine Zustimmung zur öffentlichen Wiedergabe erteilt hat. Dabei wäre eine klare Entscheidung so naheliegend gewesen, findet Andreas Biesterfeld-Kuhn.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag entschieden, dass das Einbetten fremder Youtube-Videos in die eigene Internetseite (Framing) zumindest dann keine Urheberrechtsverletzung darstellt, wenn das eingebettete Video ursprünglich mit Zustimmung des Rechteinhabers auf Youtube eingestellt wurde. Dann nämlich liegt keine "öffentliche Wiedergabe" im Sinne des § 19a Urheberrechtsgesetz (UrhG) vor. Fehlt jedoch eine solche Erlaubnis, so stellt das Framing hingegen eine unzulässige öffentliche Wiedergabe dar (Urt. v. 09.07.2015, Az. I ZR 46/12 - Die Realität II).
Weil im konkreten Fall von den Instanzgerichten keine Feststellungen zur Zustimmung getroffen wurden, haben die Karlsruher Richter die Sache nun an das Oberlandesgericht (OLG) München zurückverwiesen.
Damit wird der streitgegenständliche Kurzfilm "Die Realität" zum insgesamt sechsten Mal ein Gericht beschäftigen. Die Netzgemeinde dürfte die Entscheidung als vollkommen surreal empfinden, denn sie schafft nicht nur neue Ungewissheiten, sondern steht im eklatanten Widerspruch zur Realität auf "Social-Media"-Plattformen. Unabhängig davon ist die aktuelle BGH-Entscheidung auch dogmatisch fragwürdig.
Es hätte eine so klare Entscheidung werden können
Es hätte alles so einfach sein können. Im vergangenen Herbst hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass das Framen fremder Youtube-Videos grundsätzlich keine Urheberrechte verletzt. Konkret hatte er im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens auf Vorlagefragen des BGH ausgeführt, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werks keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der sogenannten Multimedia-Richtlinie (2001/29/EG) darstellt, wenn sich die Wiedergabehandlung desselben technischen Verfahrens wie die ursprüngliche Wiedergabe bedient und kein neues Publikum erschlossen wird (Beschl. v. 21.10.2014, Az. C-348/13 - BestWater).
Nun hätte der BGH am Donnerstag einfach klipp und klar sagen können, dass beim Framing keine Urheberrechte verletzt werden. Eine solche Entscheidung hätte die Netzgemeinde getrost als Sieg feiern können. Rechteinhaber und deren Rechtsanwälte hätten sich kurz über eine Aushöhlung des Urheberrechtsschutzes echauffiert und wären dann zur Tagesordnung zurückgehrt. Es wäre eine Entscheidung gewesen, die klare Verhältnisse schafft. Eine, mit der man sich hätte arrangieren und mit der jeder hätte arbeiten können.
Fehlende Erlaubnis führt zu öffentlicher Wiedergabe
Der BGH ist jedoch nicht bekannt dafür, es sich leicht zu machen und insbesondere nicht dafür, sich vom EuGH Vorgaben machen zu lassen, was er zu tun hat. Er hat deshalb kurzerhand entschieden, in die BestWater-Entscheidung des EuGH lasse sich hineinlesen, dass eine urheberrechtlich unzulässige öffentliche Wiedergabe in Betracht komme, wenn keine Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers vorliegt.
Im konkreten Fall seien indessen zu der Frage, ob eine Zustimmung des tatsächlichen Rechteinhabers vorliegt, keine Feststellungen getroffen worden. Also: Fall zurück ans OLG zur möglicherweise abschließenden Entscheidung. Sollte sich dort – so das Kalkül des BGH – herausstellen, dass der Rechteinhaber der Einstellung des betreffenden Videos doch zugestimmt hat, wäre nämlich die Frage, ob die Zulässigkeit des Framing von der Legalität der Ursprungsquelle abhängt, ohne Relevanz.
Andreas Biesterfeld-Kuhn, BGH lässt Framing nur bei legaler Quelle zu: . In: Legal Tribune Online, 10.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16199 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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