Wer wünscht sich nicht manchmal: Jetzt einen Panzer fahren und damit den Stau einfach überrollen oder das Parkplatzproblem lösen. Ähnlich exotisch, wenn auch anders motiviert, war die Anschaffung eines ausgemusterten Polizei-Wasserwerfers durch einen Verein in Aachen. Als "Selbstfahrende Arbeitsmaschine" könnte der Verein das Fahrzeug zulassen, erklärt Adolf Rebler.
Für "Ordnung" bei Fußballspielen und Straßenfesten in Hamburg sollte ein ehemaliger Polizei-Wasserwerfer auch nach seiner wohlverdienten Pensionierung sorgen. Allerdings außerhalb des Polizeidienstes. Ein von Hamburgern in Aachen gegründeter Verein, der der linken Szene zuzurechnen ist, kaufte das 1992 ausgemusterte Fahrzeug. Das Straßenverkehrsamt erteilte 2010 die Zulassung zum Straßenverkehr und das erwünschte Kennzeichen AC-AB 1910 – eine Kombination des Begriffs "All Cops Are Bastards" mit dem Gründungsjahr des 1. FC St. Pauli.
Als der Verein den Wasserwerfer bei einer Demonstration in Aachen nach einem Spiel der Alemannia gegen St. Pauli im Februar 2012 einsetzen wollte, zeigten die Behörden dafür aber wenig Verständnis. Im Gegenteil. Die Polizei forderte das Straßenverkehrsamt sogar auf, die Zulassung zurückzunehmen. Was prompt geschah.
Immer wieder Probleme mit den Formalien
Der gegen die Rücknahme gerichtete Antrag des Vereins beim Verwaltungsgericht (VG) Aachen hatte allerdings im vorläufigen Rechtsschutz Erfolg. Der Wasserwerfer hätte seinerzeit zwar nicht zugelassen werden dürfen, weil nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) Polizeifahrzeuge wie ein Wasserwerfer ohne Ausnahmegenehmigung nicht auf Private zugelassen werden dürfen.
Die Rücknahme der Zulassung sei jedoch formell fehlerhaft gewesen. Das Straßenverkehrsamt hatte seine Verfügung auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt, nämlich auf § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) statt auf § 5 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Da der Wasserwerfer keine technischen Mängel aufweise und schon seit zwei Jahren ohne Beanstandung umherfahre, spreche nichts gegen eine vorläufige Teilnahme am Straßenverkehr.
Die Zulassungsbehörde besserte den Rücknahmebescheid nun zwar nach und stellte einen bei Gericht einen Änderungsantrag. Auch dieser wurde aber aus formellen Gründen zurückgewiesen, wie der Pressedezernent des VG Aachen mitteilte.
Auch Panzer brauchen eine Betriebserlaubnis
Aber wie ist es denn nun, dürfen Panzer und Wasserwerfer einfach so auf der Straße fahren? Grundsätzlich schon – wenn sie eine Betriebserlaubnis haben. Das gilt für Polizei- und Militärfahrzeuge genauso wie für die meisten Privatwagen. Die Betriebserlaubnis dokumentiert, dass das Fahrzeug den für seine Klasse geltenden technischen Vorschriften entspricht und verkehrssicher ist.
Spezialfahrzeuge des Militärs, der Polizei, der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes bedürfen allerdings einer besonderen Betriebserlaubnis, die berücksichtigt, dass die Fahrzeuge speziellen Einsatzzwecken dienen und nicht wie ein normales Auto gebaut sein können.
Um abzusichern, dass Löschfahrzeuge, Panzer und Wasserwerfer nach ihrer Ausmusterung nicht "missbraucht" werden, sieht § 19 Abs. 2a StVZO vor, dass die Betriebserlaubnis erlischt, wenn das Fahrzeug keinen hoheitlichen Zwecken mehr dient. Die Vorschrift wurde übrigens eingeführt, nachdem es 1998 nicht möglich war, einem ausgemusterten Hotchkiss-Schützenpanzer eine zivile Zulassung zu versagen (Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.09.1998, Az. 25 B 3118/97).
Vorrangige Rücknahmevorschrift im Verkehrsrecht
Ehemalige Militär- oder Polizeifahrzeuge sollen nach ihrer Demilitarisierung nicht ohne besondere Absicherung am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, weil von ihnen eine erhöhte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgehen könnte. So haben sie unter Umständen sehr kurze Bremswege, legen eine zackende Fahrweise an den Tag, scheren häufig aus oder sind dazu in der Lage, andere Fahrzeuge zu überrollen. Mit dem Ausscheiden aus dem Polizeidienst erlosch also die Betriebserlaubnis für den Wasserwerfer.
Welche Konsequenzen hat es aber nun für die Zulassung, dass es keine Betriebserlaubnis mehr gibt? Bis zum Erlass der FZV im März 2007 war die Erteilung der Betriebserlaubnis Bestandteil der Zulassung. Erlosch die Betriebserlaubnis, war damit auch die Zulassung weg. Nun ist die Erteilung der Betriebserlaubnis aber dem Zulassungsverfahren vorgeschaltet.
Liegt also keine Betriebserlaubnis mehr vor, ist eine dennoch erfolgte Zulassung zwar rechtswidrig, sie erlischt aber nicht automatisch. Das kam dem Aachener Verein zugute. Um das Fahrzeug wieder aus dem Verkehr zu ziehen, kann die Zulassungsbehörde den Eigentümer oder den Halter auffordern, die Mängel zu beseitigen oder das Fahrzeug nicht mehr auf öffentlichen Straßen zu fahren. Hierfür enthält die FZV in § 5 eine spezielle Rechtsgrundlage. Diese Vorschrift hat Vorrang gegenüber den Vorschriften des VwVfG über die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten. § 5 FZV berücksichtigt im Gegensatz zu den §§ 48, 49 VwVfG nicht das Vertrauen des Fahrzeughalters. Denn die Behörde muss im Interesse der Verkehrssicherheit uneingeschränkt zum Einschreiten befugt sein.
Da aber auch § 5 FZV dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterliegt, muss die Behörde zuvor prüfen, ob nicht ordnungsgemäße Zustände erreicht werden können, indem eine neue Betriebserlaubnis erteilt wird. Für den Wasserwerfer hätten grundsätzlich aber nur die Polizei und andere Ordnungsbehörden eine solche erhalten, Private nur ausnahmsweise und für bestimmte Zwecke. Eine solche Ausnahmegenehmigung, mit dem der Wasserwerfer etwa als "Selbstfahrende Arbeitsmaschine – Sprengfahrzeug" zugelassen werden könnte, war aber weder beantragt noch erteilt.
Der Autor Adolf Rebler ist Regierungsamtsrat in Regensburg und Autor zahlreicher Publikationen zum Straßenverkehrsrecht.
Adolf Rebler, Besondere Betriebserlaubnis für Ex-Polizeifahrzeuge: . In: Legal Tribune Online, 26.11.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7628 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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