Nach Zschäpes Aussage: Neben­kläger empört, Ver­tei­diger zer­s­tritten, Pro­zesstag fällt aus

09.12.2015

Entschuldigung bei den Opfern - für die Taten von Mundlos und Böhnhardt

Zschäpe räumte allerdings ein, von den Banküberfällen gewusst und "profitiert" zu haben. An Planungen sei sie nicht beteiligt gewesen. "Es war auch in meinem Sinn, keine Einzelheiten zu erfahren".

Zudem gestand sie, nach dem Auffliegen von Mundlos und Böhnhardt die Fluchtwohnung in Zwickau in Brand gesetzt zu haben. Sie beschrieb detailliert, wie sie Benzin ausgoss und entzündete. Vorher habe sie ihre Katzen in Sicherheit gebracht, ihre Nachbarin warnen wollen und sich vergewissert, dass sonst niemand im Haus gewesen sei. Den Vorwurf des versuchten Mordes wies sie in diesem Zusammenhang zurück.

Sie sei auch kein Mitglied der Terrorgruppe NSU gewesen. Eine solche Gruppe habe es gar nicht gegeben. Sie räumte aber ein: "Ich fühle mich moralisch schuldig, dass ich zehn Morde und zwei Bombenanschläge nicht verhindern konnte." An die Opfer der NSU-Verbrechen wandte sich Zschäpe mit den Worten: "Ich entschuldige mich aufrichtig bei allen Opfern und Angehörigen der Opfer der von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begangenen Straftaten."

Die allerdings reagierten ungläubig und verärgert. "Dieser Aussage glaube ich kein Wort", sagte Gamze Kubasik, die Tochter des 2006 in Dortmund ermordeten Kioskbetreibers Mehmet Kubasik. Die Aussage wirke total konstruiert, und Zschäpes Entschuldigung sei eine "Frechheit". Opferanwalt Mehmet Daimagüler warf der Angeklagten vor, sie habe ein "Lügenkonstrukt" vorgelegt.

Krieg der Verteidiger

Polizei und Geheimdienste waren den drei mutmaßlichen Terroristen jahrelang nicht auf die Spur gekommen - auch wegen gravierender Ermittlungsfehler. Erst am 4. November 2011 flog die Gruppe nach einem Banküberfall in Eisenach auf. Zschäpes mutmaßliche Komplizen Mundlos und Böhnhardt töteten sich nach bisherigen Erkenntnissen damals selbst, um einer Festnahme zu entgehen.

Seit Mai 2013 steht Zschäpe in München vor Gericht, im Prozess hatte sie bislang beharrlich geschwiegen. Neben ihr sind vier mutmaßliche Unterstützer angeklagt.

Das Gericht will Zschäpes Aussage nun aufarbeiten. Der ursprünglich für diesen Donnerstag anberaumte Verhandlungstermin wurde gestrichen. Es geht erst am kommenden Dienstag weiter. Zschäpe solle prüfen, ob sie einen Teil der Fragen nicht auch direkt beantworten könne, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Grasel hat angekündigt, dass Zschäpe Fragen des Gerichts und ihrer Mitangeklagten beantworten werde - aber nur schriftlich.

Nach der Verlesung der Aussage Zschäpes brach der seit langem schwelende Streit innerhalb ihrer Verteidigung offen aus: Grasel warf seinen Kollegen Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm vor, sie hätten sich ihrer Mandantin gegenüber "bewusst schädigend" verhalten. Heer, Stahl und Sturm wiesen das umgehend zurück.

Grasel kleidete seinen Vorwurf in einen Antrag an das Gericht, in dem er verlangte, die Bestellung von Heer, Stahl und Sturm als Pflichtverteidiger Zschäpes zu widerrufen. Die drei Altverteidiger hatten sich bis zum Schluss gegen eine Aussage Zschäpes gewandt.

dpa/una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Nach Zschäpes Aussage: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17810 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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