Beate Zschäpe hat im Münchner NSU-Prozess ihr Schweigen gebrochen. Sie habe von den Morden nichts gewusst, sei "entsetzt" gewesen, als sie davon erfuhr. Die Angehörigen der Opfer glauben ihr nicht.
Nach jahrelangem Schweigen hat die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe jede Beteiligung an den Morden und Sprengstoffanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) bestritten. Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München ließ Zschäpe ihren Anwalt Mathias Grasel am Mittwoch eine 53-seitige Aussage verlesen. Darin beteuerte sie, sie habe von den Morden und Anschlägen ihrer Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt immer erst im Nachhinein erfahren - und sei entsetzt und schockiert gewesen. Die beiden seien aber ihre "Familie" gewesen, deshalb habe sie sie nicht verlassen können. Zschäpe bat NSU-Opfer und deren Angehörige um Entschuldigung - die wiesen das als unglaubwürdig zurück.
Die 40-Jährige muss sich in dem Prozess als Mittäterin an allen Verbrechen verantworten, die dem NSU angelastet werden. Sie ist die einzige Überlebende des Trios. Der Terrorgruppe werden zwischen den Jahren 2000 und 2007 zehn Morde zur Last gelegt, an neun türkisch- und griechischstämmigen Männern und einer Polizistin. Hinzu kommen zwei Sprengstoffanschläge in Köln und mehrere Banküberfälle.
Erst drei Monate nach dem ersten NSU-Mord an dem türkischen Blumenhändler Enver Simsek in Nürnberg im September 2000 will Zschäpe überhaupt mitbekommen haben, dass Mundlos und Böhnhardt mordeten. "Ich wusste von nichts", heißt es in ihrer Erklärung. Später habe sie die beiden mehrfach zur Rede gestellt und verlangt, dass sie mit dem Töten aufhören. Die beiden hätten sich daran aber nicht gehalten.
Wegen Polizistinnen-Mord "regelrecht ausgeflippt"
Aus dem Untergrund habe sie auch mehrfach vergeblich versucht, einen Weg zurück in die Legalität zu finden. Mit jedem Überfall und erst recht nach den ersten Morden sei ihr der Rückweg aber immer unmöglicher erschienen. Sie habe irgendwann resigniert. "Mir wurde bewusst, dass ich mit zwei Menschen zusammenlebte, denen ein Menschenleben nichts wert war." Zudem hätten Böhnhardt und Mundlos ihr mit Selbstmord gedroht, falls sie zur Polizei gehen sollte.
Eher beiläufig habe sie von dem Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße 2004 und den vier Morden in Nürnberg, München, Dortmund und Kassel erfahren. Die beiden Männer hätten sich ihr gegenüber damit "gebrüstet", sie hätten "vier weitere Ausländer umgelegt".
"Regelrecht ausgeflippt" sei sie, als Mundlos und Böhnhardt ihr von dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn erzählten. Da sei sie "hysterisch" und "handgreiflich" geworden. "Ich erhielt die unfassbare Antwort, dass es ihnen nur um die Pistolen der zwei Polizisten ging." Neben Kiesewetter hatten die Täter auch auf Kiesewetters Kollegen geschossen, der schwer verletzt überlebte.
Nach Zschäpes Aussage: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17810 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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