2/2: Wer Rechte verletzt, zahlt - auch für den Detektiv
Der Geschäftsführer des Metallbetriebs in Münster, über dessen Detektiv-Auftrag das BAG nun zu entscheiden hatte, hatte solche Anhaltspunkte nicht. Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seiner Sekretärin sei nicht erschüttert gewesen, so die höchsten deutschen Arbeitsrichter. Weder dass diese von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch dass eine Änderung im Krankheitsbild eingetreten oder dass ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war, begründet einen konkreten Verdacht, der eine Observation ausnahmsweise hätte rechtfertigen können, stellt der 8. Senat klar.
Arbeitsrechtler Wybitul begrüßt die Feststellung aus Erfurt, dass aus dieser Persönlichkeitsrechtsverletzung auch eine Verpflichtung des Unternehmers zur Zahlung einer Geldentschädigung resultiert.
Er weist auf einen Punkt hin, den die Entscheidung des BAG betont, der vielen Unternehmern aber gar nicht bewusst ist: "Der Arbeitgeber muss sich auch Pflichtverletzungen des von ihm eingeschalteten Privatdetektivs zurechnen lassen. Wenn dieser wie in dem hier entschiedenen Fall rechtswidrig Bilder oder Videos von überwachten Personen erstellt, die Datenschutz- oder Persönlichkeitsrechte verletzen, muss der Arbeitgeber dafür zahlen".
Sind 1.000 Euro der Beginn von Rechtssicherheit?
Aber wieviel ist eine Persönlichkeitsrechtverletzung dieser Art wert? Der 8. Senat des BAG hat es beim Betrag von 1.000 Euro belassen, die das LAG Hamm der ehemaligen Sekretärin zugesprochen hat - das sei revisionsrechtlich nicht zu korrigieren. "Wir sind nicht der Bundesgerichtshof, der für Strafen zuständig ist", stellte der Vorsitzende Richter des achten Senats, Friedrich Hauck, dazu klar.
Der Anwalt der Klägerin hatte sich auch ein klares Wort zu den Strafen bei derartigen Rechtsverstößen erhofft. Nur ein deutliches Sanktionsgeld sei ein Signal an alle Arbeitgeber, dass sie so nicht mit ihren Arbeitnehmern umgehen könnten, hatte Christian Bock in Erfurt argumentiert. Während auch der Nürnberger Fachanwalt für Arbeitsrecht, Wolfgang Manske, im Vorfeld der Entscheidung kritisierte, bislang fehle eine klare, abschreckende Geldstrafe für Arbeitgeber, begrüßt der Frankfurter Kollege Wybitul, dass das BAG damit "keine amerikanische Verhältnisse" geschaffen habe. "Im deutschen Recht werden Persönlichkeitsrechtsverletzungen eben nicht mit sehr hohen oder gar Millionensummen kompensiert. Dabei ist das BAG geblieben".
Auf den Beginn einer Rechtsprechung vergleichbar mit den Schmerzensgeld-Tabellen für HWS-Syndrome im Zivilrecht hofft aber auch der Partner der Kanzlei Hogan Lovells. "Auch wenn der Entscheidungsspielraum der Tatrichter in der Revisionsinstanz nur begrenzt überprüfbar ist, hätte der Senat den Rechtsstreit zurück verwiesen, wenn er den Betrag von 1.000 Euro als für die erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzung evident unzureichend erachtet hätte", so Wybitul. Er setzt darauf, dass das BAG auch auf diesem Gebiet, "wie schon in anderen Bereichen, künftig seine Rechtsprechung über die Bildung von Fallgruppen ausbauen und Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit schaffen wird".
Bis dahin werden Arbeitsrechtler für ihre Vorschläge gegenüber dem Gericht, das über die Höhe der Geldentschädigung für Persönlichkeitsrechtsverletzungen nach seinem Ermessen entscheidet, weiterhin eine weite Spanne haben. Die bislang zugesprochenen Entschädigungen schwanken zwischen 650 und 7.000 Euro, die Fälle sind völlig unterschiedlich und die meisten von ihnen betreffen Überwachungen am Arbeitsplatz.
Mit Materialien von dpa
Pia Lorenz, Weil er seine Sekretärin vom Detektiv überwachen ließ: . In: Legal Tribune Online, 19.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14739 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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