2/2: Sicherheitsprüfung für ausländische Investoren
Die AWV enthält zudem Notifizierungs-, also Bekanntmachungspflichten für den Kapital- und Zahlungsverkehr sowie in §§ 55 ff. Beschränkungsmöglichkeiten für ausländische Direktinvestitionen. Um letztere geht es in dem angesprochen Fall Aixtron - und bei der angekündigten AWV-Reform.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) kann schon nach den bestehenden Regeln prüfen, ob durch den Erwerb deutscher Unternehmen – bzw. von mindestens einem Viertel der Anteile – durch ausländische Investoren „die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“ wäre. Das ist etwa der Fall, wenn das Funktionieren von Schlüsselsektoren wie der Energieversorgung nicht mehr gewährleistet wäre.
Unter diesen Sonderregeln für Sektoren wie die Rüstungsindustrie oder die IT-Sicherheitsbranche kann nach § 62 AWV formal der Bundeswirtschaftsminister alleine einen Unternehmenserwerb untersagen; im allgemeinen Bereich müssen Untersagungen und Beschränkungen mit Zustimmung der Bundesregierung ausgesprochen werden, § 59 Abs. 1 S. 2 AWV.
Bei Investoren aus der EU bzw. dem Gebiet der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) findet in der Regel nur eine sog. Missbrauchskontrolle statt. Für besonders sensible Bereiche (Kriegswaffen, bestimmte Rüstungsgüter, bestimmte Produkte mit IT-Sicherheitsfunktionen) gelten aber auch für diese Länder Sonderregeln.
Chinesen kaufen Technologieunternehmen
An den Regelungen für ausländische Investoren setzt die geplante AWV-Reform an. Hintergrund scheint insbesondere der zunehmende Erwerb führender Technologieunternehmen durch chinesische Investoren zu sein. Bestimmte "High-Tech"-Bereiche sollen daher nun ebenfalls den Sonderregeln unterworfen werden. Dann würden vor allem andere Verfahrensvorschriften greifen: An die Stelle einer fakultativen Überprüfung träte eine Notifizierungspflicht. Eventuell fallen zudem die Erleichterungen für Unternehmen aus EU- und EFTA-Ländern weg.
Inhaltlich dürfte sich wenig ändern. Der Bundeswirtschaftsminister kann gemäß den Sonderregeln eine Übernahme untersagen oder beschränken, um "wesentliche Sicherheitsinteressen" zu gewährleisten. Dies divergiert nur wenig von der bisher bestehenden Möglichkeit, Untersagungen und Beschränkungen auszusprechen, um die "öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" zu gewährleisten. Ist daher eine Reform wirklich nötig? Auch das bisherige Instrumentarium dürfte ausreichen, um gewichtige nationale Interessen durchzusetzen.
Bisher erfolgte allerdings noch keine vollständige Untersagung einer Transaktion durchaus aber gab es eine Reihe von Beschränkungen zu beobachten, etwa durch öffentlich-rechtliche Verträge, Ausnahmen kritischen Militärgeschäfts von einer Transaktion, Absichtserklärungen, etc.
An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass das BMWi seit etwa einem Jahr zunehmend unfreundlich auf Investoren reagiert und das Verfahren zur Erlangung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung immer stärker bürokratisiert: Nicht nur der Antrag, sondern ebenso Anlagen wie etwa hunderte Seiten lange Kaufverträge müssen mittlerweile in deutscher Sprache eingereicht werden, die Bearbeitung selbst von einfach gelagerten Fällen hat sich verlängert, von ehemals wenigen Tagen auf bis zu mehreren Wochen. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die grundsätzliche Freiheit des Außenwirtschaftsverkehrs zunehmend aus protektionistischen Gründen eingeschränkt werden könnte.
Die Autorin Dr. Bärbel Sachs, LL.M., leitet das Team Außenhandelsrecht bei der Kanzlei Noerr. Die Associated Partnerin berät Mandanten in allen Bereichen des deutschen, europäischen und internationalen Außenhandelsrechts, einschließlich Exportkontroll-, Embargo- und Zollrecht, sowie Antidumping-, Antisubventions- und WTO Recht.
Der Autor Dr. Johannes Schäffer ist Rechtsanwalt im Team Außenhandelsrecht bei Noerr.
Reform des Außenwirtschaftsrechts: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21401 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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