2/2: "N Weihnachssssmaan jibs nich, Kinners, hicks…"
Was geschieht nun, wenn der "Miet"-Weihnachtsmanns die Leistung nicht planmäßig erbringt? Das hängt von der Art der Leistungsstörung ab. Die verspätete Leistung und die daran anknüpfende Verzugshaftung dürften hier nicht den Problemschwerpunkt bilden. Maßvolle Verzögerungen sollten die souveränen Erzieher im Alltagsbetrieb des Kindergartens gut auffangen können. Anders mag das aber schon wieder liegen, wenn ein Unternehmen den Herrn für seine Betriebsfeier oder dergleichen bucht.
Heikler wird es, wenn der Weihnachtsmann malperformt. Ein von seinem traurigen Aushilfsarbeitsverhältnis genervter, vom unterwegs genossenen Glühwein schon angetrunken lallender und üble Witze reißender Weihnachtsmann wird die Kindergartenkinder womöglich zwar bleibend beeindrucken, aber vermutlich nicht im Sinne des Werkbestellers. Dass in solchen Situationen die ausdrückliche oder schlüssige Abnahme ("fein, vielen dank, bis nächstes Jahr!") ausbleiben wird und damit die Fälligkeit des Werklohns nicht eintritt, bildet das angerichtete Unheil aber nur ansatzweise ab.
"Kommen Sie fix!"
Den juristisch-argumentativen Weg über das Mangelgewährleistungsregime der §§ 634 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss man nicht gehen, wenn die verspätete oder die mangelbehaftete Leistung des Weihnachtsmanns eine Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung nach sich zieht.
Das liegt gar nicht so fern. Bucht der Kindergarten den alten Mann als Nikolaus, könnte man damit eine absolute Fixschuld begründen. Der "Bischof" muss den Kleinen wohl bis zum 6.12. einen Besuch abstatten. Sofern dieser auf einen kindergartenfreien Wochenendtag fällt, bis zum 5.12. oder – bei großzügiger Legenden-Uminterpretation durch geeignetes pädagogisches Personal und sinnentsprechender Heranziehung von § 193 BGB – spätestens bis zum nächstfolgenden Werktag.
Dem Besteller ist zu empfehlen, zumindest ein sogenanntes relatives Fixgeschäft vertraglich festzuhalten. Er sollte mit einem präzisen Leistungstermin und einem deutlichen Zusatzindikator ("fix!") klarstellen, dass der Weihnachtsmann-Unternehmer wegen der besonderen Bedeutung der Termintreue mit einem sofortigen Rücktritt rechnen muss, wenn er die Leistung nicht vereinbarungsgemäß erbringt .
Fehlt eine solche Abrede, muss man überlegen, ob dem Besteller wegen der Schwere der Pflichtverletzung ausnahmsweise ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist. Hier bleibt je nach Ausgangssachverhalt Platz für Wertungen. Zwar muss der Unternehmer seine Verzögerung nicht einmal verschuldet haben, um das Rücktrittsrecht zu begründen. Dennoch wird man unterscheiden müssen zwischen den eher harmlosen Fällen, in denen etwa die Kindergartenkinder den Studenten hinter dem weißen Bart und dem roten Mantel enttarnen, und den vorwerfbaren Situationen, in denen ein betrunkener Weihnachtsmann eine Leistung erbringt, die nur noch ansatzweise dem ursprünglichen Programm entspricht.
Kein Schadensersatz für Glaubensabfall
Mit Schadensersatzansprüchen wird indes in den meisten Situationen von schuldhaftem Weihnachtsmann-Fehlverhalten nicht viel zu erreichen sein. Ein in Geld bemessbarer Schaden, wie ihn die §§ 249 ff BGB regelmäßig voraussetzen, ist wohl ausgeschlossen, wenn die Kinder seit einer halben Stunde nicht mehr an den Weihnachtsmann glauben. Für einen ausnahmsweise ersatzfähigen immateriellen Schaden nach § 253 Abs. 2 BGB fehlen die Voraussetzungen.
Immerhin sind Situationen vorstellbar, in denen die alerte Kindergartenleitung schnell reagiert und einen zuverlässig leistenden Ersatz-Weihnachtsmann auftreibt, der mit großem improvisatorischen Talent die Situation rettet und die Sicht der Kinder auf die heile Welt wieder zurechtrückt. Das kostet natürlich einen Aufpreis, schon wegen der kurzfristigen Buchung und der Sonderwünsche. Die darauf entfallenden Mehrkosten kommen als Schaden in Frage. So langsam wird ein Prüfungssachverhalt draus.
Jetzt ist aber die Kaffeepause zu Ende. Wenn es Sie wirklich interessiert: Prüfen Sie’s doch mal durch!
Der Autor Prof. Dr. Roland Schimmel ist Professor für Wirtschaftsprivatrecht an der FH Frankfurt am Main.
Leseempfehlung: David Sedaris, Holidays on ice, New York 1998, dt. von Harry Rowohlt, Zürich 1999. Das kleine Büchlein enthält genug Einsichten in die Psyche des Nebenberufs-Weihnachtsmanns, dass man nie wieder Christmas-Shopping mit der Familie machen möchte. Die darin nur beiläufig angerissenen juristischen Probleme muss man nicht nach dem Recht des Staates New York bearbeiten. Auch nach deutschem Recht dürften sie für mehr als eine Staatsprüfungssitzung ausreichen.
Roland Schimmel, Rechtsfragen im Advent: . In: Legal Tribune Online, 15.12.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14098 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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