Bis zu 600 Euro stehen Reisenden nach EU-Recht zu, wenn ihr Flug verspätet ist oder ganz ausfällt. Doch das Geld tatsächlich von den Airlines zu erhalten, ist oft alles andere als einfach. Agenturen wie Flightright haben daraus ein Geschäftsmodell entwickelt. Sie helfen Fluggästen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche – komfortabel und risikofrei, dafür mit einer satten Erfolgsprovision.
Eine Szene aus dem Leben: Morgens um fünf Uhr aufstehen, die Bahn zum 90 Minuten entfernten Flughafen nehmen, dort müde, aber pünktlich am Schalter erscheinen, nur um zu erfahren, dass der eigene Flug mehrere Stunden Verspätung hat oder gleich ganz ausfällt. Das ist ärgerlich, und für diesen Ärger gibt es Geld: 250, 400 oder 600 Euro kann der geprellte Reisende nach der Fluggastrechte-Verordnung der EU je nach Strecke verlangen – parallel zum Schadensersatz nach nationalem Recht und ohne einen konkret eingetretenen Schaden beweisen zu müssen.
Die ausgesprochen verbraucherfreundliche Regel ist vielen Airlines ein Dorn im Auge, so dass diese nicht selten auf stur schalten. Wer versucht, seine Ansprüche geltend zu machen, kriegt zwar ein paar bedauernde Zeilen vom Kundenservice ("Leider alle Fluggesellschaften haben manchmal technische Probleme, die den Flug unvermöglichen."), aber leider kein Geld ("Der Luftfahrunternehmen zählt keine Entschädigung wenn die Flugstornierung von außergewöhnliche Umstände verursacht wurde zu denen die Verordnung ein unerwarteten Flugsicherheitsmängel zählt.").
Eine Ausflucht, die rechtlich so falsch ist wie sprachlich, die jedoch gern vorgebracht wird, um Anspruchsteller zu vertrösten. Die Rechnung ist simpel und sie geht auf: Wenn 90 Prozent der eigentlich anspruchsberechtigten Kundschaft im Vorfeld abgewimmelt werden können, dann nimmt man bei den übrigen zehn Prozent gerne auch die Kosten eines verlorenen Prozesses in Kauf. Ein Vorgehen, das Verbraucher gleichermaßen ärgert wie Gerichte überlastet.
Gut 13.000 anspruchsberechtigte Deutsche pro Tag
Auch Philipp Kadelbach, Mitgründer und Rechtsexperte beim Unternehmen Flightright, blieb von Flugverspätungen und -ausfällen nicht verschont: "2009 hat es mich sowohl auf dem Hin-, als auch auf dem Rückflug zu einem reiserechtlichen Prozess erwischt – da hatte ich dann immerhin schon die passende Kommentarliteratur dabei", erinnert sich der 39-jährige Jurist. "Die Rechtslage nach der EU-Verordnung war eigentlich ziemlich einfach, aber die Airline zur Zahlung zu bewegen, war selbst für mich als Fachmann ein Kampf."
Mit dieser Erfahrung im Hinterkopf gründete der promovierte Jurist 2010 das Start-Up "Flightright". Das Portal, ebenso wie Konkurrenzunternehmen Fairplane, EU Claim und Refund.Me, hat sich zum Ziel gesetzt, Fluggästen bei der Durchsetzung ihrer Rechte zur Seite zu stehen. Das klingt zunächst nicht revolutionär, schließlich gibt es schon seit Langem die Möglichkeit, Ansprüche mit Hilfe Dritter –Inkassobüros oder Anwaltskanzleien – geltend zu machen.
"Aber Flightright funktioniert anders", erklärt Kadelbach. "Zunächst bieten wir auf unserer Homepage einen Entschädigungsrechner an, in den die Passagiere nur ihre Flugdaten eingeben müssen. Auf Grundlage einer Flugdatenbank und der Logik der EU-Verordnung wird dann automatisch ermittelt, welche Ansprüche voraussichtlich bestehen. Allein für diese Prüfung müssten Sie bei einem Anwalt schon Geld bezahlen – und zwar auch dann, wenn das Ergebnis lautet, dass keine Ansprüche bestehen."
Constantin Baron van Lijnden, Webportal treibt Entschädigungen ein: . In: Legal Tribune Online, 02.03.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8255 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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