Was für die einen Gebrauchsgegenstand ist, ist für die anderen Hobby oder gar Objekt ihrer Begierde: An Schuhen scheiden sich die Geister, nicht nur zwischen Ehepartnern. Bisweilen landet ein Paar sogar auf dem Richtertisch. In den USA geht es dabei glamourös zu, in Deutschland dagegen eher bodenständig, berichtet Uwe Wolf.
Ende Juni 2012 beherrschte eine Eilmeldung die New Yorker Zeitungs- und Fernsehredaktionen: "Ehemann verklagt Ex-Frau wegen 1200 Paar Schuhen", lautete etwa der Aufmacher der Abendnachrichten des TV-Senders ABC.
Daniel Shak, seines Zeichens Hedgefonds-Manager in Manhattan, verklagte seine geschiedene Frau Beth auf Zahlung von rund 350.000 US-Dollar. Begründung: Seine Ex, eine professionelle Poker-Spielerin, habe während der Ehe eine Sammlung von ca. 1.200 Schuhpaaren in einem "geheimen Zimmer" ihrer Ehewohnung vor ihm versteckt gehalten. Wert der Luxus-Treter: Geschätzte eine Million Dollar.
Über tausend Schuhpaare sind nicht zu übersehen
New York City hatte sein Sommerthema. Klatschspalten munkelten, der Investment-Manager habe sich bei riskanten Goldgeschäften verspekuliert und müsse nun, Monate nach Abschluss des offiziellen Scheidungsverfahrens, "nachladen". Anwälte aus Familienrechtskanzleien mussten vor laufender Kamera darlegen, inwiefern Anzüge, Röcke, Pelzmäntel oder vielleicht sogar Unterwäsche bei Ehetrennungen aufgelistet werden müssten. Eine "Rechtsexpertin" entglitt ins Anrüchige. Ihr Vorschlag: Beth Shak solle 600 Paar der getragenen Schuhe einpacken und ihrem Mann "gegen Empfangsbekenntnis" zustellen lassen.
Für die vor Gericht gezerrte Pokerspielerin war die Klage der Publicity-Coup schlechthin. Wochenlang konnte sie interessierte Journalisten und Kamerateams durch ihre auf vier "Lagerräume" verteilte Schuhsammlung führen. Einschlägige Recherchen ergaben, dass Shak mehr Schuhe habe als Mariah Carey (geschätzte 1.000 Paar), aber deutlich weniger als die Primadonna der Fußbekleidung, Imelda Marcos (rund 3.000 Paar).
Bis Ende Juli gingen die New Yorker der Frage nach, wie man in einer dreijährigen Ehe solche Unmengen an Schuhen habe übersehen können. Am 30. Juli hatte das Rätselraten ein Ende. Daniel Shak nahm seine Klage am ersten Tag der mündlichen Verhandlung zurück. "Vielen Dank, dass sie unser aller Zeit verschwendet haben", lautete das Schlusswort der Richterin Ronda Daniele (deren Beziehung zum Klagegenstand leider im Dunkeln blieb).
Marke Rote Sohlen
Kaum hatten sich die Bewohner des "Big Apple" vom Stiletto-Debakel im Hause Shak erholt, ereilte sie Anfang September die nächste gerichtliche Eilmeldung aus der Modebranche: Das Bundesberufungsgericht in New York stellte fest, dass nur der französische Schuh-Papst Christian Louboutin die Sohlen seiner Kultobjekte leuchtend rot einfärben dürfe. Ausnahme: Wenn der ganze Schuh komplett rot sei, dürften auch andere Markenhersteller die Sohle farblich dem Louboutin-Markenzeichen angleichen.
Nachdem sich die Anwälte zuvor im Gericht noch leidenschaftliche Wortwechsel geleistet hatten, zeigten sich nach dem Urteilsspruch auch die Vertreter des im Rechtsstreit unterlegenen Mode-Labels Yves Saint Laurent zufrieden. Der Schuh der Marke Saint Laurent, der den Streit ursprünglich losgetreten hatte, war nämlich von allen Richtungen aus betrachtet in der Farbe der Kardinäle gehalten.
Zwangsvollstrecker in Überschuhen
Auch vor deutschen Gerichten streiten sich die Parteien über Lederwaren – wenn auch mit deutlich weniger Glamour. Dürfen Vermieter, Verwalter oder Vollstreckungsbeamte Mietwohnungen auch gegen den ausdrücklichen Willen der Bewohner beschuht betreten?
Da sie einen staatlichen Auftrag verfolgen, dürfen Vollziehungsbeamte bei Zwangsvollstreckungen ihre Straßenschuhe anbehalten, auch dann wenn die besuchten Wohnungsinhaber aus der Türkei stammen, wo dies aus kulturellen Gründen verpönt ist (LG Limburg, Urt. v. 13.02.2012, Az. 7 T 18/12). Wenig Verständnis für die Abwehr von Straßenschmutz zeigt auch die Berliner Justiz: Wer möchte, so ein dortiger Richterspruch, möge in der Wohnung während des Besuchs ein "altes Laken oder ähnliches" ausbreiten (AG Tiergarten, Urt. v. 02.10.1989, Az. 10 C 251/89).
Salomonisch judizieren die wie immer stilsicheren Münchner Robenträger: Man könne Dritte zwar nicht zwingen, barfuß zu gehen; Überschuhe mitzubringen, etwa solche aus Plastik zum einmaligen Gebrauch, dürfte man von den Kurzzeitbesuchern jedoch schon verlangen (AG München, Urt. v. 17.06.1993, Az. 461 C 2972/93).
Uwe Wolf, Fußbekleidung vor Gericht: . In: Legal Tribune Online, 26.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7848 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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