Darf Snackhersteller Pringles seine Chips auf der Verpackungen mit Prosecco-Geschmack bewerben? Nein, meinten nun italienische Behörden - und beschlagnahmten zahlreiche der zylinderförmigen Dosen. Juristen diskutieren nun.
Der Snackhersteller Pringles ist dafür bekannt, seine Chips in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen anzubieten. Da ist es in der Weihnachtszeit wohl auch nicht ungewöhnlich, dass die Produkte nach Prosecco schmecken sollen. Wegen dieser neuen Geschmacksrichtung haben italienische Behörden allerdings kürzlich etwa 250 Dosen mit den Pringles-Chips in einem örtlichen Supermarkt beschlagnahmt.
Die limitierte Weihnachtsserie, die wohl noch aus Lagerbeständen aus dem vergangenen Jahr stammt, sollte dem Etikett zufolge einen "Prosecco- und Rosa-Pfeffermaisgeschmack" haben. Diese Beschreibung war nun der Grund für das staatliche Einschreiten. Der Begriff "Prosecco" sei nämlich eine geschützte Ursprungsbezeichnung, weswegen sie ohne eine vorherige Zustimmung rechtswidrig auf den Chipsverpackungen angebracht worden sei, so die Behörde.
Sie stützte ihr Vorgehen auf die EU-Verordnung über die Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (VO 1151/2012), die Unternehmen und den guten Ruf ihrer Produkte schützen soll. Zwei Juristen der City University of London machten auf den Fall aufmerksam - und haben an der Verordnungsauslegung der Behörden sogleiche ihre Zweifel angemeldet. Enrico Bonadio und Natalie Weissenberger sehen nämlich eine erhebliche Ähnlichkeit zu einem Fall, der seinen Ursprung in Deutschland hatte und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits entschieden wurde: der "Champagner Sorbet"-Problematik des deutschen Discounters Aldi.
EuGH: Wenn Zutat für Geschmack sorgt, darf sie auch genannt werden
Das "Champagner Sorbet" von Aldi schaffte es bereits 2017 bis nach Luxemburg. Ein südfranzösischer Winzerverband hatte den Discounter verklagt, weil er mit der Bezeichnung den guten Ruf des Champagners ausnutze. Erfolg hatte das klagende Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne mit seinem Begehren allerdings nicht. Die Verwendung des Begriffs "Champagner" könne rechtmäßig sein, soweit das Dessert einen hauptsächlich durch Champagner hervorgerufenen Geschmack aufweise, entschied der EuGH.
Wendet man diese Auffassung der Luxemburger Richter auf den Prosecco-Pringles-Fall an, dürfte die Verwendung des Begriffs "Prosecco" durch Hersteller Pringles in Ordnung gehen, meinen die beiden Juristen - jedenfalls solange die Pringles-Chips die "geschmackliche Qualität" von Prosecco enthalten. Einen Verstoß sehen die beiden Dozenten von der City Law School eher darin, dass die Chips-Verpackungen im Gegensatz zu Aldis "Champagner Sorbet" keine Prozentangaben zum Anteil der Zutat im gesamten Produkt enthalten.
Dass es bald zu einem gerichtlichen Verfahren kommen wird, ist indes eher unwahrscheinlich: Gegenüber der Zeitung The Guardian erklärte der Chipshersteller bereits, diese Geschmackskombination aus dem vergangenen Jahr sowieso nicht mehr produzieren und anbieten zu wollen.
mgö/LTO-Redaktion
Streit um geschützte Ursprungsbezeichnungen: . In: Legal Tribune Online, 28.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38427 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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