Businessmode für den Sommer: Stilvoll bei 36 Grad plus

Nina Anika Klotz

16.07.2010

Der Sommer ist ungerecht: Die Damen sehen in luftigen Kleidern nicht nur hinreißend aus, sondern sind damit auch fürs Büro perfekt gekleidet. Sie müssen hinter den Schreibtischen weitaus weniger schwitzen als die Männer, denen es von Juni bis September nur so aus dem Kragen dampft. Modeexperte Herbert Stricker verrät, wie stilbewusste Businessmen elegant durch den Wüsten-Sommer kommen.

"Anzüge aus Leinen, Baumwolle oder Seide sind für die heißen Tage ideal. Auch Bambus ist eine Faser, die in der letzten Zeit immer mehr zur Geltung kommt", erklärt der Autor des Stil-Magazins Gentleman’s Gazette. "Leicht gewebte, offene Wolle ist ebenfalls denkbar." Allerdings fühlt sich insbesondere Leinen  angenehm und kühl auf der Haut an. Einziger Nachteil: Knitteralarm! "Für einen anspruchsvollen Anzugträger kommt eigentlich nur irisches Leinen in Frage", erklärt Herbert Stricker. "Das hat einen relativ guten Stand, wenn es gebügelt ist, und knittert kaum mehr als ein Wollanzug. Alle anderen Leinenstoffe sind von Struktur und Faserqualität her weicher. Dementsprechend beulen die Anzüge bei längerem Tragen stark aus."

Auch wenn es nirgendwo geschrieben steht: Bei über 30 Grad, hat der Schlips hitzefrei. "Die Krawatte ist jenes Accessoire, das als Erstes weggelassen werden darf – auf allen Geschäftsebenen", erklärt Stricker. Allerdings: Italienische Temperaturen rechtfertigen keinen Gigolo-Look im Büro: "Das Hemd darf nicht zu weit aufgeknöpft werden. Es sollte immer gewährleistet sein, dass eventuell vorhandene Brusthaare nicht rausschauen. Genau so wenig sollte das weiße T-Shirt oder Unterhemd zu sehen sein. Das ist unschön und geziemt sich nicht. Außerdem fällt in solchen Fällen oft auf, dass die Qualität von Männerunterwäsche nicht im Entferntesten dem entspricht, was darüber getragen wird. Und das ist eine beschämende Erkenntnis."

Unterhemden? Gerade im Sommer!

Unterhemden, so der Experte, machen Sinn, auch oder vielmehr gerade im Sommer: "Es nimmt einen großen Teil der Transpiration auf und schützt so vor Schweißflecken. Man muss natürlich Sommerqualitäten wählen, die sehr leicht und dünn gewebt sind." Da sich trotzdem ein paar feuchte Stellen bei Kairo-Graden in Deutschland nicht verhindern lassen, sollte man bei der Farbauswahl aufpassen: Sommerpause für hellblauen Hemden! Auf Weiß hingegen sieht man keine nassen Flecken.

"Es ist vollkommen korrekt mit einem Sommerhut, einem Panamahut etwa, zur Arbeit zu gehen, auch in Kombination mit einem eher konservativen Anzug", erklärt Herbert Stricker. Allerdings gilt es eine wichtige Regel zu beachten: "Der Hut erfüllt einzig und allein einen Zweck: Er soll Kopf und Teile des Gesichtes vor Sonneneinstrahlung schützen. Daraus lässt sich ableiten, wann der Hut runter muss: Nämlich dann, wenn keine Sonne scheint. Nachts mit Hut herumzulaufen ist nicht sonderlich originell. In geschlossenen Räumen gehört der Hut ebenso wenig auf den Kopf. Das heißt, wenn man Hut zur Businesskleidung trägt, dann nur auf dem Weg zur Arbeit oder in die Mittagspause. Im Büro selbst nimmt man ihn ab."

Sandalen und Flechtschuhe sind im Geschäftsbereich ein No-Go. Die einzige Sommeralternative zum Schnürschuh ist der Loafer. "Was allerdings unbedingt zu vermeiden ist, sind Loafer mit Bommelchen. Die werden nur noch in bestimmten Regionen der USA akzeptiert. Bei uns gelten sie als geckenhaft", warnt Herbert Stricker. Und bitte, bitte auch niemals barfuß in die Schuhe! "Sobald man sich setzt, werden unweigerlich nackte Fesseln sichtbar und das wirkt schrill und komisch in Kombination mit einem Anzug. Da fehlt eine Verbindung zwischen Hose und Schuh", erklärt Stricker. "Diese Verbindung ist der Strumpf und der muss da sein. Natürlich gibt es auch hier angenehm zu tragende Sommervarianten. Strümpfe aus Seide zum Beispiel. Oder Leinenmischungen, die sich kühl anfühlen und durch die Webstruktur für ein angenehmes Fußklima sorgen."

Kurzarm bitte ohne Krawatte

Was auch nicht geht, sind nackte Unterarme. "In amerikanischen Filmen krempeln die Macher oft ihre Ärmel hoch", so der Modeexperte. "Aber die legen auch die Füße auf den Tisch! Gekrempelte Ärmel haben etwas Macho-mäßiges. Legitim ist es hingegen, die Sportmanschette zu öffnen – vorausgesetzt das Hemd sitzt einigermaßen und rutscht nicht gleich über die Hand. Einmal umschlagen ist akzeptabel, weiter nicht."

Damit scheidet das ohnehin verpönte Kurzarmhemd vermutlich komplett aus? "Nicht unbedingt. Das Kurzarmhemd hat seine Berechtigung. Es wird nur in Deutschland leider sehr falsch interpretiert. Das Kurzarmhemd kann sogar im Geschäftsbereich eingesetzt werden. Dann aber definitiv ohne Sakko. Das ist nicht nur sinnlos sondern auch unangenehm: Das Futter, meist aus Viskose, klebt auf der schwitzenden Haut", so der Fachmann. "Ganz schlimm ist Kurzarmhemd mit Krawatte. Das ist, als trüge eine Dame ein Kostüm mit Flip-Flops."

Im Bereich business-casual, dem Dresscode für die etwas gehobenere Gartenparty, den Sonntagsbrunch oder den sommerlichen Großstadtbummel, geht es etwas luftiger zu. Hier darf nackte Männerhaut gezeigt werden – wenngleich nur mit Bedacht, wie Herbert Stricker rät: "Was kurze Hosen angeht, gelten dieselben Regeln für Männer wie für Frauen. Frauen setzen sich oft darüber hinweg, Männer leider fast immer: Kurze Hosen kann tragen, wer schöne Beine hat. Wer keine schönen Beine hat, sollte kurze Sachen meiden. Die zweite Regel ist: Niemand sollte ZU kurzen Sachen tragen. Weder Damen noch Herren und egal wie schön die Beine sind."

Die ideale Hosenlänge für Männer haben die in diesem Sommer sehr aktuellen Bermuda-Shorts. Sie enden knapp oberhalb des Knies. Die Variante "Cargo-Bermuda" ist nicht besonders Gentlemen-like, die klassische Bermuda dagegen schon. Und wichtig: Zur kurzen Hose werden nie Strümpfe getragen, es sei denn, sie setzen einen farblichen Akzent und sind ein Statement.

Für die Füße: Gladiatoren-Sandalen und Espadrilles

"Ein super-individuelles Outfit für den Freizeitbereich, stilvoll und trotzdem ausgefallen, ist der Safari-Anzug", berichtet Herbert Stricker. "Definitiv ein Produkt, das wieder sehr im Kommen ist. Es gibt ihn mit langer oder mit kurzer Hose. Das besondere an der Safari-Jacke mit den aufgesetzten Taschen, dem Gürtel und dem offenen Kragen, ist, dass man sie sowohl als Jacke als auch als Hemd tragen kann, also mit oder ohne Hemd darunter."

Dazu passen Sandalen, die außerhalb des Büros äußerst gern gesehen sind. "Wenn ich ein modisches Statement setzen möchte, würde ich diesen Sommer Gladiatoren-Sandalen wählen. Die sind ausgefallen und schön und erfüllen ihren Zweck." Oder Espadrilles, die spanischen Schuhe mit den Flechtsohlen. "Das ist ein Schuh, der leicht und luftig ist, aber trotzdem große Eleganz ausstrahlt. Hier kann man voll auf Farbe setzen: Violett, grün, rot – das geht alles."

Zuletzt noch ein paar Stil-Tipps für Baggersee und Badestrand: "Je mehr man sich entkleidet, desto mehr sollte man darauf achten, einen möglichst positiven Eindruck zu hinterlassen", so Stricker. "Knappe, kurze Bademode geht einher mit einem sehr gut gebauten, jugendlichen Körper. Hat man den nicht mehr, ist es sinnvoll, auf Shorts überzugehen. Dabei aber bitte keine Riesenshorts, in denen die Beine wie zwei Zahnstocher wirken, und genauso wenig Shorts, die so kurz und eng sind, dass sie überall klemmen. Eine gute Lösung für den reiferen Mann mit passabler Figur sind Briefs."

Und dann hat Herr Stricker noch einen letzten, eindringlichen Sommerrat an alle stilbewussten Herren: "Ein bemerkenswerter Spruch von Tom Wolfe, einem der wenigen wirklichen Dandys, die es noch gibt, lautet: Jeder Mann der über Vierzig ist und nicht den größten Teil seines Körpers unter möglichst eleganter Kleidung versteckt, ist ein Idiot." Trotzdem: Schönen, heißen Sommer!

Zitiervorschlag

Nina Anika Klotz, Businessmode für den Sommer: . In: Legal Tribune Online, 16.07.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/983 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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