Vor 25 Jahren wurde das Rom-Statut angenommen, auf dessen Grundlage der IStGH sich mit den schlimmsten Verbrechen des Völkerrechts befasst. Derzeit gibt es wegen des Ukraine-Krieges Forderungen nach Reformen - auch von Annalena Baerbock.
Am 17. Juli 1998, also vor genau 25 Jahren, wurde von 60 Staaten – mittlerweile sind es 123 – das Römische Statut (Rom-Statut) angenommen. Es markierte damit die Geburtsstunde des auf Grundlage dieses Status eingerichteten Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH). Dieser Tag wird seitdem als "Tag des Internationalen Strafrechts" gefeiert.
Piotr Hofmańsky, Präsident des IStGH, hebt die besondere Bedeutung, die die Schaffung des Status hatte und nach wie vor hat, hervor: "Ich spreche allen Diplomaten, Mitgliedern der Zivilgesellschaft und anderen, die vor 25 Jahren die Annahme des Römischen Statuts ermöglicht haben, meine Anerkennung aus. Dies war ein historischer Moment in dem gemeinsamen Bestreben der internationalen Gemeinschaft, der Straflosigkeit für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression ein Ende zu setzen" (aus dem Englischen übersetzt).
Vor 21 Jahren nahm das Gericht dann auch seine Arbeit in Den Haag auf. Seitdem befasst sich der IStGH mit Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das erste Urteil wurde 2012 gefasst, als der ehemalige Präsident Kongos zu einer Freiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt wurde. Zwar erwähnt das Rom-Statut auch die Aggression, die Zuständigkeit des IStGH für die Verfolgung dieses Verbrechens wurde allerdings erst 19 Jahre später aktiviert.
Allerdings sind die Hürden für ein etwaiges Verfahren wegen des Verbrechens der Aggression außerordentlich hoch. Es gibt derzeit nur zwei Wege, wie der IStGH dafür seine Zuständigkeit ausüben kann: Erstens könnte der Sicherheitsrat dem IStGH eine Situation überweisen. Zudem kann sich ein Vertragsstaat an den Ankläger wenden und dieser kann selbst ein Verfahren in Gang setzen.
Ein Sondertribunal für den Ukraine-Krieg?
Im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gibt es jedoch derzeit eine Zuständigkeitslücke: Weder Russland noch die Ukraine sind Vertragsstaaten des Rom-Statuts. Und nach Art. 15bis Abs. 5 des Rom-Statuts kann der IStGH seine Gerichtsbarkeit nicht ausüben, wenn der betreffende Staat keine Vertragspartei des Statuts ist und das Verbrechen von Staatsangehörigen des betreffenden Staates oder in dessen Hoheitsgebiet begangen wurde. Deshalb wird vermehrt die Einrichtung eines Sondertribunals für den Ukraine-Krieg gefordert. Auch Außenministerin Annalena Baerbock schloss sich an - und bekräftigte dies anlässlich des Festaktes zum Geburtstag des Rom-Statuts bei den Vereinten Nationen in New York erneut. Der Festakt sei für sie "auch ein Auftrag, das Völkerstrafrecht weiterzuentwickeln", so Baerbock. "Denn niemand darf im 21. Jahrhundert einen Angriffskrieg führen und dabei straflos bleiben", sagte sie weiter.
Mitte März hatte der IStGH Haftbefehle gegen Wladimir Putin sowie die russische Kommissarin für Kinderrechte erlassen - u.a. wegen des Kriegsverbrechens der rechtswidrigen Vertreibung bzw. Überführung der Bevölkerung aus den besetzten Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation. Der Völkerstrafrechtler Christoph Safferling von der Universität Erlangen-Nürnberg hatte die Haftbefehle des IStGH schon damals in einem größeren Zusammenhang gesehen: "Der IStGH schafft mit den Haftbefehlen Fakten in der Diskussion um ein Sondertribunal für das Verbrechen des Aggressionskrieges, das der IStGH nicht in seiner Zuständigkeit verfolgen kann."
Anlässlich des 25. Geburtstages des IStGH werden diese Diskussionen jetzt nochmal neu entfacht.
ast/fkr/LTO-Redaktion
25 Jahre Rom-Statut: . In: Legal Tribune Online, 17.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52268 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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