Friedrich Dürrenmatt – Justiz
Dass die Justiz in ihren Geschichten eine Rolle spielt, hat bei vielen Krimi-Autoren mehr mit praktischer Notwendigkeit als mit höheren Gerechtigkeitsgedanken zu tun: Sie ist mit dem ganzen Geflecht aus Bösewichten und Ermittlern, Opfern und Auftraggebern eben funktional verwoben, weil am Ende nun mal irgendwer verurteilt werden muss, falls der Detektiv ihn nicht vorher über den Haufen schießt.
Nicht so bei Dürrenmatt, der das Thema in seinem "Monstervortrag über Gerechtigkeit und Recht" ebenso wie in einer Vielzahl seiner Werke (etwa auch dem "Besuch der alten Dame") von einer grundlegenderen Warte aus behandelt. Um das Monströse im Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit geht es auch in "Justiz", in dem der Strafverteidiger Felix Spät die Verteidigung des in einem unsauberen Prozess, gleichwohl aber zu Recht wegen Mordes verurteilten Kantonsrats Isaak Kohler übernimmt. Spät gewinnt den Fall, verliert darüber aber den Glauben an die Justiz und an sich selbst. Als letzter Ausweg scheint ihm, die Strafe, die er verhindert hat, selbst zu vollstrecken, doch auch auf diesem Weg kann er dem Dilemma nicht entrinnen, in das Kohler ihn geführt hat.
Bild: Diogenes