Franz Kafka – Der Prozess
"Jemand musste Josef K. verleumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet." So lautet der erste Satz aus Kafkas "Prozess", der zugleich den Ton angibt für die weitere Erzählung. Das Recht ist darin etwas, das auf den Einzelnen herniederkommt, ungeahnt, scheinbar grundlos, verworren in seinen Abläufen und doch unausweichlich in seinem Ausgang.
K. tritt den Gang durch ein dilettantisch organisiertes und zwanglos wirkendes Verfahren an: Er ist verhaftet, darf sich aber frei bewegen, es wird verhandelt, aber niemand schickt ihm eine Ladung. Dennoch entwickelt der Prozess sich bald zum bestimmenden Thema seines Lebens: Seine Kräfte schwinden zwischen endlosen Eingaben, fruchtlosen Beratungen mit seinem Verteidiger, innerer Rebellion und letztendlicher Unterwerfung unter das sinnlos wirkende Prozedere. Die Machtlosigkeit des Einzelnen, der in die Mühlen der Bürokratie gerät, ist das am leichtesten zu erkennende, aber bei weitem nicht das einzige Thema des Romans, der zu den am meisten interpretierten und diskutierten Werken der deutschen Literaturgeschichte zählt.
Ein etwas leichter zu erschließendes, aber nicht minder grausiges Gegenstück bildet Kafkas Erzählung "In der Strafkolonie", in welcher das Gerichtsverfahren nur mehr als lästiges Vorspiel zu seinem eigentlichen Zweck und Ziel geschildert wird: Der lustvollen Tötung des Angeklagten.
Bild: dtv