Ex-Präsident Trump wurde im Strafprozess um die Fälschung von Geschäftsunterlagen schuldig gesprochen. Frau klagt gegen Reproduktionsmediziner. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will ihr Amt per Verfassungsänderung aufwerten.
Thema des Tages
USA – Trump/Stormy Daniels: Im Strafprozess um die unrechtmäßige Verbuchung von Schweigegeldzahlungen an die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels haben die Geschworenen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump schuldig gesprochen. Es ist die erste strafrechtliche Verurteilung eines Ex-Präsidenten in der Geschichte des Landes. Die Verkündung des genauen Strafmaßes erfolgt am 11. Juli durch Richter Juan Merchan. Möglich ist sowohl eine Geldstrafe als auch eine Freiheitsstrafe, die auch auf Bewährung ausgesetzt werden könnte. Trump kann zudem noch Berufung einlegen. Allerdings würde ihn auch eine rechtskräftige Verurteilung nicht an einer Kandidatur bei der anstehenden Präsidentschaftswahl hindern. spiegel.de und zeit.de berichten.
Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Urteil, unter anderem mit einem Überblick über die anderen Verfahren gegen Trump, gibt spiegel.de in einem separaten Artikel. Die FAZ (Majid Sattar/Sofia Dreisbach) berichtet über die Schlussplädoyers, die in den vergangenen Tagen gehalten wurden. In einem Gastbeitrag auf focus.de schreibt der Politikprofessor Thomas Jäger über den theoretisch denkbaren Fall, dass Trump im Januar 2025 im Gefängnis vereidigt würde. Marc Pitzke (spiegel.de) gibt Einblicke in seine persönlichen Erfahrungen bei der Prozessbegleitung als Journalist.
Rechtspolitik
Recht auf Reparatur: Die FAZ (Katja Gelinsky) stellt Philipp Gattner, den CEO der Gebrauchtwarenplattform rebuy vor. Er lobt die neuen EU-Regeln zum Recht auf Reparatur, die die Reparatur von Smartphones und Laptops durch Drittanbieter deutlich erleichtern sollen. Für rebuys Geschäftsmodell seien das "Pluspunkte".
Ladesäulen: Nach einem vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf sollen große Tankstellenbetreiber ab dem 1. Januar 2028 verpflichtet sein, an jeder Tankstelle mindestens eine öffentlich zugängliche Schnellladesäule zu betreiben. Die FAZ (Corinna Budras) berichtet. Bislang stünden in Deutschland laut Verkehrsministerium 115.000 öffentlich zugängliche Ladesäulen, 22.000 davon seien Schnellladepunkte mit einer Leistung von mindestens 150 Kilowatt.
In einem separaten Kommentar wendet sich Corinna Budras (FAZ) gegen die Kritik der Tankstellenbetreiber, das Gesetz erinnere an Planwirtschaft. Es sei vielmehr "ein notwendiger Schritt auf dem Weg zum klimaneutralen Verkehr". Zudem sei der mehr als dreijährige Übergangszeitraum "großzügig".
Justiz
Auskunft über Samenspende: Die SZ (Leila Al-Serori) berichtet über die Klage einer 35-jährigen Frau gegen den Arzt, der die künstliche Befruchtung durchführte, aus der sie entstand. Sie begehrt Auskunft über die Anzahl ihrer Halbgeschwister, sie habe ein Recht auf Kenntnis ihrer Familie. Derzeit wisse sie von 25 Menschen, die genetisch vom selben Vater abstammen wie sie. Der Reproduktionsmediziner hatte offensichtlich sehr häufig mit demselben Samenspender zusammengearbeitet. Nun hat die Frau Angst vor einem versehentlichen Inzest mit einem unbekannten Halbbruder. Vor einem nicht namentlich genannten erstinstanzlichen Gericht wurde die Klage abgelehnt, weil eine gesetzliche Anspruchsgrundlage fehle. Die Kenntnis der Zahl ihrer Halbgeschwister sei für die Entfaltung der Persönlichkeit auch nicht so bedeutend wie die Kenntnis des genetischen Vaters. Die Frau legte inzwischen Berufung vor einem ebenfalls nicht benannten Oberlandesgericht ein.
EuGH zu Online-Bestellbutton: Der EuGH entschied, dass der Bestellbutton auf der Webseite eines Rechtsdienstleisters auch dann deutlich auf eine Zahlungspflicht hinweisen muss, wenn die Kosten nur im Falle eines Sieges im angestrebten Rechtsstreits entstehen. Konkret ging es um die Website des Unternehmens Conny, das früher unter dem Namen wenigermiete.de firmierte und damit wirbt, Rechte von Mieter:innen aus der Mietpreispremse durchzusetzen. Der Bestellbutton zeigte nur den Text "Mietsenkung beauftragen". tagesschau.de (Kolja Schwartz) und LTO (Hasso Suliak) berichten.
EuGH zu Teilzeitdiskriminierung: Im Expertenforum Arbeitsrecht warnt der Rechtsanwalt Friedrich Goecke vor erheblichen Teilzeit-Anreizen, die infolge eines EuGH-Urteils von November 2023 entstehen könnten. Der EuGH hatte entschieden, dass Teilzeit-Arbeitnehmende unangemessen benachteiligt würden, wenn sie für eine Mehrarbeitsvergütung genauso viel arbeiten müssten wie Vollzeit-Arbeitnehmende. Wer als Arbeitgeber sein Vergütungssystem mit Mehrarbeitszuschlägen nicht an diese Rechtsprechung anpasse, setze unfreiwillig Anreize, in Teilzeit zu gehen.
LG Braunschweig – Ex-VW-Chef Winterkorn: Das Landgericht Braunschweig veröffentlichte für den im September beginnenden Strafprozess gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn zur Dieselaffäre mehr als 80 Termine bis September 2025, wie die FAZ berichtet. Winterkorn wird unter anderem Betrug und Marktmanipulation vorgeworfen.
VG Köln zu BSW-Teilnahme an Wahlsendung: Nach einer Eil-Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) keinen Anspruch darauf, neben Vertretern von SPD, CDU, CSU, Grünen, FDP, AfD und der Linken an der ARD-Sendung "Wahlarena 2024 Europa" teilzunehmen. Der WDR habe aufgrund der Rundfunkfreiheit das Recht, die Teilnehmer "nach Ermessen selbst zu bestimmen", begründete das VG Köln seine Entscheidung. In anderen öffentlich-rechtlichen Wahlsendungen sei das BSW zudem berücksichtigt, die FAZ meldet dies im Feuilleton.
GBA – militante Antifa: Die taz (Andreas Speit) interviewt eine der zehn gesuchten Antifa-Aktivist:innen, denen die ungarische Justiz vorwirft, 2023 in Budapest Rechtsextreme gezielt angegriffen zu haben. Aus Sicht der Interviewten spielten die deutschen Behörden gezielt mit der Möglichkeit einer Auslieferung an Ungarn. Viele der Gesuchten hätten angesichts schlechter Haftbedingungen in Ungarn "signalisiert, sich zu stellen, wenn es keine Auslieferungen gibt." Darauf gebe es bisher keine Reaktion der ermittelnden Bundesanwaltschaft.
Recht in der Welt
Italien – Verfassungsreform: Die SZ (Marc Beise) berichtet über die von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geplante Verfassungsreform, nach der das Amt der Ministerpräsident:in künftig mit mehr Macht ausgestattet und vom Volk gewählt werden soll. Zudem soll die Sieger:in der Wahl in Zukunft automatisch 55 Prozent der Sitze in beiden Kammern bekommen, damit sie stabil regieren kann. In Italien werde dagegen vermutet, dass Meloni mit dem Gesetz vor allem ihre Macht absichern wolle. Für die Verfassungsänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern. Alternativ genügt auch die Mehrheit im Rahmen einer Volksabstimmung.
IStGH – Krieg in Gaza: In seiner Kolumne bezeichnet Heribert Prantl (SZ) die Haftbefehlsanträge des Chefanklägers am Internationalen Strafgerichtshof als "Versuch einer humanitären Intervention mit den Mitteln des Rechts". Im "Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt, von Gegengegengewalt und Gegengegengegengewalt" ruhe "alle Hoffnung auf dem Völkerrecht". Es erlebe daher derzeit eine Bewährungsprobe. Sollte es zum Haftbefehl gegen Netanjahu kommen, werde Deutschland als großer Förderer des IStGH den Haftbefehl nicht negieren können.
Hongkong – Verurteilung von Demokratieaktivist:innen: In Hongkong wurden 14 Demokratieaktivist:innen verurteilt, nachdem sie 2021 eine Vorwahl zur Findung aussichtsreicher Kandidat:innen der Opposition organisiert hatten. Dies wurde vom Gericht auf Grundlage des umstrittenen 2020 eingeführten nationalen Sicherheitsgesetzes als Verschwörung zum Umsturz eingestuft. Das Strafmaß ist noch nicht bekannt. Den Verurteilten drohen lebenslängliche Haftstrafen. SZ (Florian Müller), FAZ (Jochen Stahnke), taz (Sven Hansen) und spiegel.de (Christoph Giesen) berichten.
Florian Müller (SZ) kommentiert, mit dem Gerichtsurteil, dem wichtigsten der vergangenen Jahre in Hongkong, würde die einst starke Zivilgesellschaft durch eine politisch gesteuerte Justiz zum Schweigen gebracht. "Den Hongkongern selbst bleibt nur, ihre Entrechtung zu akzeptieren - oder auszuwandern".
Spanien – Amnestie für Separatist:innen: Das spanische Abgeordnetenhaus hat ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das den etwa 400 von der spanischen Justiz verfolgten katalanischen Separatist:innen, Amnestie gewährt. Das Gesetz gilt als Zugeständnis von Ministerpräsident Pedro Sánchez an zwei separatistische Parteien, mit dem er sich Stimmen für die Wiederwahl sichern will. Es berichten FAZ (Hans-Christian Rößler), taz (Reiner Wandler) und spiegel.de.
Peter Sturm (FAZ) kommentiert, Sánchez habe sich mit dem Amnestiegesetz "sehenden Auges in die Hände von Extremisten begeben, die nichts von dem bereuen, was sie Spanien angetan haben." Dies eskaliere die Lage weiter.
Polen – Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit: Dass die EU nun das Sanktions-Verfahren gegen Polen beenden konnte, sei nicht dem Druck der EU zu verdanken, sondern den polnischen Wähler:innen, kommentiert Hubert Wetzel (SZ). Die EU könne zwar Zuschüsse aus dem EU-Haushalt sperren, doch fest entschlossene Regierungen halte das nicht davon ab, die Justiz der Politik zu unterwerfen. Die EU überstehe allerdings "auch ein paar zweifelhafte Mitglieder", solange die Menschen in den Ländern ihr angehören wollten.
Georgien – "ausländische Agenten"-Gesetz: Eine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen hat angekündigt, Klage gegen das umstrittene, am Dienstag verabschiedete "ausländische Agenten"-Gesetz beim georgischen Verfassungsgericht einzureichen. Zudem sei eine Eingabe beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geplant. zeit.de berichtet.
USA – Harvey Weinstein: Nachdem das Urteil gegen Harvey Weinstein Ende April aufgehoben wurde, haben sich erneut Frauen bei der Staatsanwaltschaft gemeldet, die gegen Weinstein aussagen wollen. Der Prozess wird frühestens im Herbst neu aufgerollt. zeit.de und spiegel.de berichten.
USA – Klage wegen rassistischer Diskriminierung: Drei Männer verklagen American Airlines wegen eines Zwischenfalls im Januar. Damals wurden sie und fünf weitere schwarze Männer aufgefordert, ein Flugzeug der Airline wieder zu verlassen, nachdem sich ein weißer Flugbegleiter wegen des Körpergeruchs beschwert hatte. Sie seien die einzigen schwarzen Passagiere auf dem Flug gewesen. FAZ und spiegel.de berichten.
Ukraine – Waffeneinsatz auf russischem Gebiet: In der Debatte um den Einsatz westlicher Waffen in der Ukraine kommentiert Reinhard Müller: "Man muss weder Kaliber- noch Völkerrechtsexperte sein, um zu wissen, dass es kein Recht geben kann, einen anderen (Staat) zu überfallen und abzuschlachten. So gibt es auch keine Pflicht, sich erobern und abschlachten zu lassen". Die UN-Charta spreche vom "naturgegebenen Recht" auf Selbstverteidigung. Die Ukraine müsse sich mit allen nötigen Waffen schützen können.
Sonstiges
Tiktok: In einem Gastbeitrag auf LTO fordern die Rechtsanwält:innen Chan-jo Jun und Jessica Flint anlässlich der Drosselung des Tiktok-Profils von Maximilian Krah (AfD), dass der Staat die Content-Moderation nicht den privaten Netzwerkbetreibern überlassen dürfe. Der Digital Services Act (DSA) der EU habe den "Werkzeugkasten" für eine staatliche Regulierung "erheblich erweitert". Plattformen wie Tiktok entschieden über Sperrungen und Accountlöschungen vor allem nach wirtschaftlichen Interessen. Es sei "offenkundig, dass diese Linie nicht immer parallel läuft zu grundrechtlichen Schutzaufträgen wie bei der Demokratieförderung oder dem Minderheitenschutz."
Die Organisation Hate Aid hat bei der Bundesnetzagentur eine formelle Beschwerde gegen Tiktok eingelegt, weil das Unternehmen keine ausreichende Meldefunktion für rechtswidrige Inhalte bereitstelle und damit gegen Art. 16 DSA verstoße. Eine Meldung, die zu einer Untersuchung nach den strengen Vorgaben des DSA führe, sei in der App "nur mit einigem Aufwand und Vorwissen" möglich, berichtet spiegel.de. Auf dem Verfassungsblog untersucht der Richter Daniel Holznagel, der Hate Aid beraten hatte, (in englischer Sprache) die Rechtmäßigkeit der Meldemöglichkeiten bei Tiktok.
Zutrittsverbot für trans Frau: Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes Ferda Ataman hielt die Entscheidung eines Frauenfitnessstudios, einer trans Frau mit männlichen äußeren Geschlechtsmerkmalen den Zugang zum Fitnessstudio zu verwehren, für einen möglichen Verstoß gegen das AGG. Sie forderte das Studio auf, eine Entschädigungszahlung an die Frau zu erwägen. LTO (Max Kolter) kommt zu dem Schluss, dass "erhebliche Zweifel" an der Einschätzung Atamans bestünden, da § 20 Abs. 1 AGG eine Ungleichbehandlung erlaube, wenn die unterschiedliche Behandlung zweier Personen "dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt".
Versammlungen: Rechtsprofessor Thorsten Koch kritisiert auf dem Verfassungsblog, dass von staatlicher Seite zunehmend versucht werde, auf den Inhalt von Versammlungen Einfluss zu nehmen. So sei zum Beispiel das in Hamburg erlassene Verbot, während einer Demonstration die Einführung eines "Kalifats" zu fordern, kritisch zu sehen. Interventionen gegen Versammlungen seien rechtlich immer erst dann möglich, wenn gegen Strafgesetze verstoßen werde, was hier nicht ohne Weiteres ersichtlich sei.
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: In einem Gastbeitrag in der SZ begründet Burda-Vorstand Philipp Welte, warum der Verlegerverband MVFP bei der EU-Kommission Beschwerde gegen das Online-Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) eingelegt hat. Die digitalen Kanäle des ÖRR mit ihren presseähnlichen Inhalten gefährdeten Medienvielfalt und Pressefreiheit.
Mütter des Grundgesetzes: In einem Gastbeitrag auf FAZ-Einspruch hebt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Sonja Kurth den "unermüdlichen Einsatz" der vier weiblichen Mitglieder des Parlamentarischen Rates für die verfassungsrechtliche Gleichberechtigung von Männern und Frauen hervor.
Anwältin wird Malerin: Im Interview mit LTO-Karriere (Franziska Kring) erläutert die Prädikats-Juristin Annika Juds ihren Lebensweg. Zunächst war sie Beamtin, arbeitete dann acht Jahre als Anwältin für Großkanzleien, um sich 2020 als Malerin selbständig zu machen. Sie produziert Portraits von starken Frauen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen Internet-Angebot des Mediums.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
LTO/pna/chr
(Hinweis für Journalist:innen)
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Die juristische Presseschau vom 31. Mai 2024: . In: Legal Tribune Online, 31.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54663 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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