Die juristische Presseschau vom 13. September 2022: BGH zu Luke Mockridge / OVG Schleswig zu Sylter Punk-Camp / Hanno Ber­gers Ex-Partner sagt aus

13.09.2022

Der BGH sieht keine Persönlichkeitsverletzung in Spekulationen über das Beziehungsleben von Luke Mockridge. Das OVG Schleswig bestätigt die Auflösung des Sylter Punk-Camps. Hanno Bergers ehemaliger Anwaltspartner sagt am LG Bonn aus.

Thema des Tages

BGH zu Luke Mockridge: Ein Video über eine Urlaubsreise des Entertainers Luke Mockrigde, in dem über eine Beziehung mit seiner Kollegin Ines Anioli spekuliert wurde, durfte 2018 bei Youtube veröffentlicht werden. Die damaligen Spekulationen über eine Beziehung der beiden hätten nicht die Persönlichkeitsrechte von Mockridge verletzt. Dies entschied laut LTO Anfang August der Bundesgerichtshof, der ein anderslautendes Urteil des Berliner Kammergerichts aufhob und nun selbst entschied. Trotz fehlender Selbstöffnung habe Mockridge bereits in der Vergangenheit Interviews zu seinem Liebesleben gegeben und auf Instagram Fotos hochgeladen, die zu Spekulationen berechtigterweise einluden, so der BGH. Diesen Teil seines Lebens halte er also nicht vollständig geheim. Es ging in diesem Rechtsstreit nicht um die später von Anioli gegenüber Mockridge erhobenen Vergewaltigungsvorwürfe, gegen die Mockridge in anderer Sache auch vorgegangen war. Rechtsanwalt Martin W. Huff begrüßt die Entscheidung des BGH als Bestätigung von dessen medienfreundlicher Rechtsprechung: "Wer mit der Öffentlichkeit 'spielt', muss auch damit rechnen, dass sein Verhalten besonders aufmerksam beobachtet wird." LTO-Chefredakteur Felix W. Zimmermann wird hingegen als Kritiker der Entscheidung zitiert. Die Entscheidungen der Vorinstanzen seien vertretbar gewesen. Der BGH schwinge sich im Persönlichkeitsrecht in Revisionssachen zu häufig zum Tatrichter auf.

Rechtspolitik

Cannabis: CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger hat beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags Stellungnahmen eingeholt zur Vereinbarkeit einer Cannabislegalisierung mit dem Völkerrecht, dem EU-Recht sowie zum Umgang mit Cannabis in den Niederlanden. SZ (Thomas Kirchner/Paul-Anton Krüger) und LTO (Hasso Suliak) stellen die drei Gutachten vor, die insbesondere das EU-Recht als rechtliche Hürde beschreiben.

Reinhard Müller (FAZ) sieht das Projekt der Legalisierung gefährdet und zieht einen Vergleich zur gescheiterten PKW-Maut, die damals von der CSU gegen rechtliche Bedenken durchgesetzt und später vom EuGH beanstandet worden war.

Triage: Die Grünenfraktion kritisiert den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Umgang mit möglichen Engpässen bei Intensivbetten in Pandemiezeiten. Mit der geplanten Neuregelung bestehe weiterhin die Gefahr, dass ältere und behinderte Menschen bei knappen Behandlungskapazitäten diskriminiert würden. Die für die Behindertenpolitik zuständige Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer schlug stattdessen vor, in einer Triagesituation den Zufall entscheiden zu lassen, etwa durch ein Losverfahren, schreibt zeit.de.

Strompreise: Im Verfassungsblog erläutern Simon Schäger-Stradowsky und Anna-Lena Priebe, Geschäftsführer eines Instituts für Klimaschutz und wissenschaftliche Mitarbeiterin, welche Maßnahmen die Europäische Kommission vorgeschlagen hat, um den Preisanstieg auf den Energiemärkten und dessen Auswirkungen zu begrenzen und welche weiteren Möglichkeiten das EU-Sekundärrecht bieten. Langfristig plädieren sie jedoch dafür, die rechtlichen Grundlagen für eine "Grünstrombörse" zu schaffen, an der nur Anbieter von Strom aus erneuerbaren Energien teilnehmen und dessen Preise entkoppelt von den Preisen für fossile Energieträger wären.

Medienfreiheit: Die EU-Kommission plant laut FAZ (Michael Hanfeld) die Schaffung einer Medienfreiheitsverordnung ("Media Freedom Act"). Die Rechte der Mediennutzenden soll darin gestärkt werden, während die Rechte der Eigentümer:innen von Medienhäusern zugunsten der Redaktionen beschränkt werden sollen. Die Verbände der Zeitschriften- und Zeitungsverleger MVFP und BDZV sehen darin eine enorme Gefahr für den Bestand der Pressefreiheit, da "Verlegerinnen und Verleger letztlich die ideelle, ökonomische und rechtliche Verantwortung für die gesamte Publikation trügen".

Presse-Subventionen: Die morgendliche Zustellung von Tageszeitungen für eine Übergangsphase staatlich zu subventionieren, verstößt nicht gegen Grundgesetz und EU-Recht. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten von Anwalt Johannes Weberling im Auftrag des Verbands Deutscher Lokalzeitungen (VdL). Anlass für die Diskussion um eine derartige Förderung ist die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro zum 1. Oktober. Dies gefährde die Zeitungsversorgung im ländlichen Raum, beklagen Verleger:innen. Die rechtliche Zulässigkeit der Subventionen folge vor allem daraus, dass die Demokratie ohne unabhängige Medien gefährdet sei und es nicht um die gezielte Förderung einzelner Meinungen gehe. Das Gutachten setzt sich aber nicht mit den Vorwürfen reiner Digitalmedien auseinander, die in derartigen Subventionen eine gezielte Förderung ihrer Konkurrenz sehen. Die taz (Christian Rath) berichtet.

Markenschutz und Kunstfreiheit: Im FAZ-Einspruch beschreibt die Rechtsreferendarin Jacqueline Ritchie die Balance des Markenrechts zwischen Markenschutz als Teil des gewerblichen Rechtsschutzes und der damit verbundenen wirtschaftlichen Natur einerseits und der Kunstfreiheit andererseits. Um auch letztere angemessen zu berücksichtigten, könne man sich an dem vor einem Jahr in Kraft getretenen § 51a des Urhebergesetzes (UrhG) orientieren. Dieser erlaubt die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches. Die Autorin fordert die Schaffung einer ähnlichen Vorschrift im Markenrecht, spätestens wenn in der Rechtsprechung ein ausreichend differenziertes Verständnis des § 51a UrhG etabliert sei.

Produkte aus Zwangsbarbeit: Das Hbl (Dana Heide u.a.) berichtet nun auch über die Pläne der EU-Kommission, Güter, die mittels Zwangsarbeit entstanden sind, aus dem Binnenmarkt zu verbannen. Anders als ein US-Gesetz gegen Zwangsarbeit, das im Juni in Kraft trat, richtet sich die geplante EU-Verordnung nicht explizit gegen China, um so Beschwerden vor der Welthandelsorganisation zu vermeiden. Der Vorschlag der EU-Kommission soll am heutigen Dienstag vorgestellt werden.

Justiz

OVG Schleswig zu Protestcamp auf Sylt: Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hat eine Beschwerde der beiden Versammlungsleiter des Protestcamps der Punks auf Sylt abgewiesen. Das Verwaltungsgericht Schleswig hatte zuvor eine Auflösung des Camps wegen unzureichender sanitärer Verhältnisse im Camp und wegen der Gefahr einer rücksichtslosen Lärmbelästigung für die Anlieger:innen für rechtmäßig erklärt. Auch das OVG ist der Ansicht, dass "angesichts der Vorerfahrungen mit dem Campleben" im Zeitpunkt der Auflösungsverfügung "entsprechend erkennbare Umstände vorgelegen hätten". ndr.de und RND berichten.

LG Bonn – Cum-Ex/Hanno Berger: SZ (Jan Diesteldorf/Nils Wischmeyer), FAZ (Marcus Jung) und Hbl (René Bender u.a.) schreiben über die Zeugenaussage des ehemaligen Partners von Hanno Berger, Kronzeuge S., der nun auch in diesem Prozess vor dem Landgericht Bonn umfassend über die Zusammenarbeit mit Berger und die Organisation der Cum-Ex-Deals berichtete. S. hatte sich anders als Berger entschlossen, auf die Staatsanwaltschaft zuzugehen. Zu einem Kreuzverhör, in dem auch Berger Fragen stellen konnte, kam es an diesem Verhandlungstag nicht mehr.

BGH zu Abu Walaa: Der Bundesgerichtshof hat die vom Oberlandesgericht Celle verhängte Haftstrafe von zehneinhalb Jahren gegen den einstigen Deutschlandchefs der Terrormiliz IS, Abu Walaa, bestätigt. Die Überprüfung des Urteils habe keine Rechtsfehler ergeben, sodass die Verurteilung nunmehr rechtskräftig ist. Laut LTO wurden auch die Revisionen zweier Mitangeklagter verworfen.

OLG Zweibrücken zu Eigentumsschutz bei Unfall-Ware: Der in den Fällen des "Containerns" in der Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz, dass die Wertlosigkeit einer Sache als solche Dritten nicht das Recht zur Wegnahme gewährt, gilt auch für das (leicht verderbliche) Transportgut eines verunfallten Lastkraftwagens. Das entschied das Oberlandesgericht Zweibrücken im Juli. Nachdem ein Sattelschlepper auf der Autobahn verunglückt war, war ein Kühlcontainer mit 1.100 Käsekartons beschädigt worden. Der später angeklagte Polizeibeamte forderte einen Mitarbeiter des mit der Bergung der verderblichen Ware beauftragten Unternehmens auf, ihm mehrere Kartons zu reichen. Dabei trug er die ganze Zeit eine mit Munition geladene Dienstwaffe. Einige der überreichten Kartons stellte er dann den Kolleg:innen zum Verzehr im Sozialraum zur Verfügung. Der Polizeibeamte war zunächst vom Amtsgericht wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Die Berufungskammer sprach ihn anschließend wegen eines zum Vorsatzausschluss führenden Irrtums über die Rechtswidrigkeit der Zueignung frei. Die von der Staatsanwaltschaft dagegen eingelegte Revision hatte nun Erfolg. Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass es der Eigentümerin der Ware nicht darauf ankomme, die Ware einfach irgendwie loszuwerden, sondern diese vielmehr den Empfehlungen des Havariekommissars entsprechend zu verwenden. Es fehle somit an dem Anknüpfungspunkt für die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses. Auf beck-aktuell schreibt die Rechtsprofessorin Annika Dießner über das Urteil.

VG Düsseldorf zu Permanent Make-up für Polizistin: LTO informiert über eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, nach der eine Polizistin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Permanent Make-up Behandlung im Rahmen der freien Heilfürsorge hat. In dem Fall ging es um die Rekonstruktion der Augenbrauen und Wimpern, die der Polizistin krankheitsbedingt nicht wachsen. Das Gericht sah weder eine Einschränkung der Dienstfähigkeit der Klägerin noch eine notwendige Heilbehandlung.

LG Berlin – Nackte Brüste im Schwimmbad: Im Sommer 2021 verließ eine 38-Jährige das Berliner Schwimmbad "Plansche", weil sie sich von Polizeibeamten bedrängt fühlte, die sie aufforderten, ihre nackten Brüste zu bedecken. Am morgigen Mittwoch verhandelt nun das Landgericht Berlin über eine von der gebürtigen Französin erhobenen Klage auf eine angemessene Entschädigung nach dem Berliner Antidiskriminierungsgesetz. LTO berichtet.

LG Hanau zu Vater des Hanau-Attentäters: Das Landgericht Hanau hat die Verurteilung des Vaters des Hanauer Attentäters wegen Beleidigung in zwei Fällen bestätigt. In einer Strafanzeige hatte er Menschen, die an einer Demonstration teilgenommen hatten, darunter auch Angehörige der Anschlagsopfer, als "wilde Fremde" bezeichnet. Außerdem habe er ein Spezialeinsatzkommando als "Terrorkommando" bzw. "Terroreinheit" bezeichnet. spiegel.de berichtet.

Anwaltskosten des BVerfG: Die FAZ (Jochen Zenthöfer) hat herausgefunden, dass das Bundesverfassungsgericht im verlorenen Rechtsstreit mit der Bild-Journalistin Lydia Rosenfelder 35.528 Euro für Anwaltskosten ausgegeben hat. Es ging um Anfragen der Journalistin im Zusammenhang mit dem umstrittenen Abendessen von Verfassungsrichtern und Bundesregierung im Juni 2021. Auf die Anfragen antwortete die BVerfG-Pressestelle ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch unter Verweis auf die "bisherige Korrespondenz". Das VG Karlsruhe hatte diese Auskunftsverweigerung im Rahmen der Kostenentscheidung im Juni diesen Jahres kritisiert. Das BVerfG wollte der FAZ nicht sagen, welche Kanzlei damals tätig war, das Geheimhaltungsinteresse der Kanzlei überwiege.

Sonstiges

Cannabis-Unternehmer Sons: In der Reihe "Small-Talk" spricht LTO-Karriere (Franziska Kring) mit dem Rechtsanwalt und Geschäftsführer eines Cannabis-Unternehmens, Jakob Sons, über seinen Werdegang von einem Cannabis-bezogenen Gutachten in der Wahlstation bei einem Notariat hin zur Unternehmens-Gründung.

 

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LTO/jpw

(Hinweis für Journalistinnen und Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. September 2022: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49600 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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