Der EuGH will morgen zur deutschen Vorratsdatenspeicherung entscheiden. Was folgt aus der BAG-Entscheidung zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung? Die EU-Kommission will Ungarn wegen Rechtsstaatsdefiziten die EU-Gelder kürzen.
Thema des Tages
EuGH - Vorratsdatenspeicherung: Am Dienstag wird der Europäische Gerichtshof seine Entscheidung zur deutschen Vorratsdatenspeicherung verkünden. Das Urteil werde eine zentrale Debatte der deutschen Innenpolitik neu befeuern, schreibt die Mo-taz (Christian Rath), die auch noch einmal die bisherige Historie zur Vorratsdatenspeicherung und die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen dazu nachzeichnet. Innerhalb der Koalition ist die Vorratsdatenspeicherung derzeit umstritten, während sich Innenministerin Nancy Faeser (SPD) für eine Neuauflage einsetzt, vor allem, um besser gegen Missbrauchsdarstellungen von Kindern vorgehen zu können, hält Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) das Instrument für "tot". Die Mo-SZ (Constanze von Bullion/Christoph Koopmann) stellen die Diskussion innerhalb der Koalition ausführlich dar.
Rechtspolitik
Arbeitszeiterfassung: Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts will die SPD-Bundestagsfraktion eine flächendeckende Erfassung der Arbeitszeit per Gesetz durchsetzen, schreibt die Mo-SZ (Roland Preuß). Der Gesetzgeber sei nun gefordert, "klare und praktikable Rahmenbedingungen für die Arbeitszeiterfassung zu schaffen" wird die Vizevorsitzende der Fraktion Dagmar Schmidt zitiert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) habe laut zeit.de bereits angekündigt, "leicht umsetzbare Lösungen" finden zu wollen. Der Handwerksverband befürchtet allerdings, so die Sa-FAZ, einen "belastenden Bürokratismus". Einen Überblick über technische Lösungen zur Arbeitszeiterfassung gibt die Sa-SZ (Simon Hurtz/Patrizia Tensing).
Eine Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeit würde Arbeitnehmer:innen helfen, meint Linda Gerner (Sa-taz) und verweist auf die Statistik der AOK, die für 2020 rund 180.000 Burn-out-Betroffene zählt. Corinna Budras (FAS) weist dagegen darauf hin, dass eine eindeutige Dokumentation der Arbeitszeit an einer zunehmend schwierigeren Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit scheitern könnte. Im Homeoffice, eine der wenigen Errungenschaften in der Corona-Pandemie lasse sich Privates und Berufliches gar nicht mehr sauber voneinander trennen – die Grenzen zwischen Wäschefalten und Fachgespräch seien völlig verwischt.
Pakt für den Rechtsstaat: Am Freitag verhandelten Ländervertreter erstmals auf Leitungsebene mit dem Bundesjustizministerium über die Fortsetzung des Pakts für den Rechtsstaat. Bundesjustizminister Marco Buschmann bot an, dass der Bund bis zu 200 Millionen Euro zur Verfügung stellt, davon im kommenden Jahr 50 Millionen Euro. Damit sollen vor allem Digitalisierungsprojekte der Justiz finanziert werden. Die Länder kritisierten das Angebot als unzureichend. Für Kritik sorgt vor allem, dass der Bund keine Mittel für zusätzliche Stellen angeboten hat. Mo-FAZ (Corinna Budras), spiegel.de (Sophie Garbe) und LTO (Hasso Suliak) berichten,
Der Ärger der Länder sei nachvollziehbar, findet Marlene Grunert (Mo-FAZ). Ganz auf Linie seiner Partei, der FDP, habe Buschmann schon gemahnt, nach der "Zeitenwende" das Geld zusammenzuhalten. Doch keine der aktuellen Herausforderungen mache eine funktionierende Justiz verzichtbar.
Corona - Schutzmaßnahmen Herbst/Winter: Der Bundesrat hat am Freitag den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes zugestimmt. Unter anderem wird danach in Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen eine FFP-2-Maskenpflicht gelten. In Pflegeheimen und Kliniken muss außerdem vor dem Zutritt ein negativer Test vorgelegt werden. Darüber hinaus können die Länder an weiteren Orten eine Maskenpflicht vorschreiben. FAZ (Eckart Lohse) und LTO fassen die ab 1. Oktober geltenden Neuregelungen zusammen.
Chatkontrolle: Der Bundesrat wendet sich gegen die Pläne der EU-Kommission, Anbieter von Hosting- und Kommunikationsdiensten zu einer Überprüfung der übermittelten Inhalte auf Darstellungen von sexualisierter Gewalt an Kindern zu verpflichten. "Aufgrund des breiten Technologieeinsatzes zum Aufspüren von sexuellem Missbrauch von Kindern könne der Vorschlag der EU-Kommission zu Eingriffen in die Kommunikations- und Meinungsfreiheit führen", kritisiert die Länderkammer laut netzpolitik.org (Anna Biselli). Der Bundesrat habe in seiner Stellungnahme die Bundesregierung aufgefordert, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass das Recht auf Vertraulichkeit privater Kommunikation erhalten bleibe.
DJT - Haftung autonomer digitaler Systeme: Mit welchen Fragen zur Haftung von "Roboterautos" sich der 73. Juristentag in dieser Woche befassen wird, erläutert Rechtsprofessor Gerhard Wagner im Interview mit der Mo-FAZ (Katja Gelinsky). Während der deutsche Gesetzgeber die Haftungsfragen nicht anpacken wolle, will die EU-Kommision am 28. September einen entsprechenden Entwurf vorlegen. Dann werde auch hierzulande eine intensive rechtspolitische Debatte beginnen, sagt Wagner.
DJT - Auswahl von Richter:innen: Max Steinbeis (Verfassungsblog) fasst im Editorial das Gutachten zusammen, das Rechtsprofessor Fabian Wittreck zur Sicherung der Unabhängigkeit der Justiz für den Deutschen Juristentag erstattet hat. Dabei lehne Wittreck "mit beträchtlichem polemischem Überschuss" die Annahme einer Autonomie der Justiz ab. Er gehe aber nicht auf das Problem ein, was passiere, wenn die AfD die Wahlen gewinne und sich nicht an bisherige Konventionen politischer Zurückhaltung bei der Richterernennung halte.
Korruption: spiegel.de (Tom Schmidtgen/Jonas Wintermantel) berichtet über die Ankündigung der Ampelkoalition, die Bekämpfung der Korruption intensivieren zu wollen, nachdem das Lagebild des BKA einen Anstieg entsprechender Delikte um 35 Prozent angab. Unter anderem soll das Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern beschlossen werden. Außerdem soll der Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung ausgeweitet werden, als Reaktion auf die Maskendeals mehrerer CDU- und CSU-Abgeordneter zu Beginn der Corona-Pandemie.
Cannabis: zdf.de (Samuel Kirsch) untersucht, ob die Pläne der Koalition für eine Cannabis-Legalisierung mit EU- und internationalem Recht vereinbar sind und geht dabei insbesondere auf die Argumente des Göttinger Rechtsprofessors Kai Ambos ein, der die Legalisierung für rechtlich umsetzbar hält. "Die rechtlichen Hürden dafür sind hoch, zum Scheitern verurteilt ist das Projekt Cannabis-Legalisierung aber nicht", so das Resümee im Artikel.
Soziales Pflichtjahr: Warum die Pläne der CDU zur Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres rechtswidrig sind, erläutert Rechtsanwalt Niko Härting in einem Gastbeitrag auf LTO. Der Vorschlag verstoße nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
Medienregulierung: Sa-SZ (Josef Kelnberger) und spiegel.de (Markus Becker) fassen jetzt auch die geplanten Regelungen für eine neue EU-Meinungsfreiheits-Verordnung und die bisherigen deutsche Reaktionen zusammen. Vor allem bei den Zeitungs- und Zeitschriftenverlegern in Deutschland sorgen die Pläne der Kommission für Empörung. Auch aus dem EU-Parlament kämen Bedenken. So warnte die SPD-Abgeordnete Petra Kammerevert davor, in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten einzugreifen.
Justiz
BGH zu Selbstbeteiligung bei WEG: Auch wenn ein Schaden nur eine einzige Wohnung im Haus betrifft, können alle Wohnungseigentümer verpflichtet sein, den Selbstbehalt der Versicherung gemeinschaftlich zu bezahlen, hat der Bundesgerichthof laut Sa-FAZ (Marcus Jung), Sa-SZ und LTO festgestellt. Es würde der Interessenlage aller Wohnungseigentümer bei Abschluss einer gemeinsamen Gebäudeversicherung nicht gerecht, wenn immer nur die jeweils geschädigte Eigentümerin den Selbstbehalt alleine tragen müsste. Eine höhere Selbstbeteiligung bedeute niedrigere Versicherungsbeiträge - und davon profitierten alle, entsprechend müssten auch alle gemeinsam alle Kosten teilen.
BGH zu "AGG-Hopper": Der Bundesgerichthof hat das Urteil gegen einen als "AGG-Hopper" bekanntgewordenen Rechtsanwalt aufgehoben und an eine andere Kammer des Landgerichts München I zurückverwiesen. Das Münchener Gericht hatte den Juristen im Juli 2020 wegen Betruges in drei Fällen und neunfachen Betrugsversuches verurteilt, weil er und sein Bruder sich auf ausgeschriebene Stellen bei Unternehmen und Kanzleien beworben hätten, ohne diese tatsächlich antreten zu wollen, um dann anschließend Entschädigungen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend zu machen und sich so eine Einnahmequelle zu verschaffen. Die Beweiswürdigung der Strafkammer habe sich aber "als widersprüchlich und lückenhaft und damit als durchgreifend rechtsfehlerhaft" erwiesen, befand der BGH jetzt auf die Revision des Angeklagten hin, wie es bei LTO (Tanja Podolski) heißt.
BGH zu Suizidhilfe: Ex-Bundesrichter Thomas Fischer analysiert auf spiegel.de die Bundesgerichtshof-Entscheidung vom 28 Juni 2022 zur Suizidbeihilfe. Die Karlsruher Richter hatten seinerzeit eine Frau, die ihrem Mann auf seinen Wunsch eine tödliche Dosis Insulin verabreicht hatte, vom Tötungsvorwurf freigesprochen. Die BGH-Entscheidung weise darauf hin, dass § 216 StGB (Tötung auf Verlangen) mit dem BVerfG-Urteil von 2020 zur Suizidbeihilfe nicht vereinbar ist, meint Thomas Fischer. "Der Gesetzgeber, der zurzeit nach einem Ersatz für den für nichtig erklärten § 217 StGB sucht, wird sich damit befassen müssen, wenn er das selbstbestimmte Sterben endlich aus der Tabuzone herausholen will."
LG Mühlhausen zu Angriff auf Journalisten: Das Urteil des Landgerichts Mühlhausen zum rechtsextremen Angriff auf zwei Journalisten ist auf heftige Kritik gestoßen. Bei dem Übergriff waren die beiden Journalisten schwer verletzt worden, die Täter wurden lediglich zu 200 Arbeitsstunden beziehungsweise einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Die Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes Thüringen, Heidje Beutel, sagte laut Sa-SZ, sie befürchte "eine Signalwirkung in die völlig falsche Richtung".
Das sieht auch Iris Mayer (Sa-SZ) so. Das Urteil komme einem Freibrief für Neonazis nahe - für Angriffe auf alle, die in ihrer Gewaltfantasie Gegner sind. Und auch für Stefan Locke (Sa-FAZ) ist das Urteil ein Skandal – sowohl im Strafmaß als auch bei der Begründung: Das Gericht sagte, dass die beiden Journalisten nicht als solche zu erkennen gewesen seien, die Angeklagten vielmehr wohl davon ausgegangen seien, dass es sich um Vertreter der linken Szene handelt. Das scheine zu heißen, dass man sich auf die nach Ansicht des Landgerichts Mühlhausen offenbar stürzen dürfe, ohne dass das nennenswerte Folgen hätte.
LG Berlin zu nackten Brüsten im Schwimmbad: Als Testlauf für das neue Berliner Antidiskriminierungsgesetz eigne sich der Prozess vor dem Landgericht Berlin, in dem im Ergebnis einer jungen Frau ein Schadensersatz nach dem LADG versagt wurde, nicht, meint Jost Müller-Neuhof auf tagesspiegel.de. Die Klägerin hatte sich oben ohne auf dem Berliner Wasserspielplatz "Plansche" gesonnt und war von Sicherheitskräften aufgefordert worden, den Spielplatz zu verlassen. Das aber sei keine Frage von Diskriminierung zwischen Frauen und Männern, denn die Öffentlichkeit eines Busens gegen die Öffentlichkeit einer Männerbrust aufzurechnen, verkürze den Sachverhalt.
AG St. Ingbert zu Holocaust-Verharmlosung: In einem Strafbefehl hat das Amtsgericht St. Ingbert festgestellt, dass auch Stolpersteine, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern, nicht durch Querdenker vereinnahmt und so missbraucht werden dürfen. Eine Aktivistin der Partei "Die Basis" hatte neben solchen Stolpersteinen Kerzen angezündet und einen Zettel ausgelegt, auf dem stand: "Es begann immer mit Ausgrenzung!". In dem Strafbefehl wurde eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen verhängt. Dass die Gleichsetzung von Corona-Maßnahmen mit dem Holocaust eine Volksverhetzung darstellen könne, hatten zuletzt auch schon andere Gerichte geurteilt, etwa das Bayerische Oberste Landesgericht – aber noch nie in Bezug auf Stolpersteine, heißt es in der Mo-SZ (Ronen Steinke).
AG München zur "Letzten Generation": Das Amtsgericht München hat drei Studenten und Aktivisten der Klimaschutz-Bewegung "Letzte Generation", die sich an einer Straßenblockade beteiligt hatten, wegen Nötigung verurteilt. Die drei Angeklagten, die bei Begehung der Tat Heranwachsende waren, wurden nach Jugendstrafrecht verwarnt, teilt die Sa-FAZ (Timo Frasch) mit.
AG München zu Bierbank-Unfall: Das Amtsgericht München hat, wie LTO berichtet, die Schmerzensgeldforderung eines Lokalbesuchers abgewiesen, der von einer Bierbank gefallen war. Die Richterin habe nicht feststellen können, dass eine Verkehrspflichtverletzung ursächlich für das Umkippen der Bank war.
StA Frankfurt/M. – Steuerhinterziehung beim DFB: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/M hat laut LTO gegen den ehemaligen DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge Anklage wegen Steuerhinterziehung erhoben. Der 51-Jährige war von April 2016 bis März 2022 für die Finanzen beim Deutschen Fußball-Bund zuständig. Bei den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft gehe es konkret um Einnahmen des DFB aus der Bandenwerbung in den Jahren 2014 und 2015, die nicht ordnungsgemäß versteuert worden sein sollen.
Strafjustiz: Die meiste Zeit über beschäftige sich die Strafjustiz gar nicht mit den wenigen Gewalttätern, sondern mit der Art von kleiner Stehlerei, bei der man nicht reich werde, schreibt Ronen Steinke (Sa-SZ) in seiner Kolumne "Vor Gericht". Er erinnert an Gabriele Tergit, eine berühmte Gerichtsreporterin der Weimarer Zeit. Was sie damals beobachtet habe, dass nämlich die meisten Prozesse von Armen, Gescheiterten, Glücklosen aber nicht von Bösen handelten, gelte noch heute.
Datenschutzklagen: Die gerichtliche Durchsetzung des Datenschutzrechts in Form von privaten Verbands- und Sammelklagen gewinne europaweit an Bedeutung, schreiben der Rechtsanwalt Christoph Werkmeister und der wissenschaftliche Mitarbeiter Caspar A. Weitz auf LTO. Neben Verbraucherverbänden habe sich unter der DSGVO eine lukrative Klägerindustrie bestehend aus Klägerkanzleien und Prozessfinanzierern entwickelt. In diesen Verfahren werde allerdings deutlich, dass zentrale Fragen des Datenschutzrechts weiterhin ungeklärt seien und Unternehmen sich unklaren, mitunter variierenden Vorgaben ausgesetzt sähen.
Recht in der Welt
Ungarn/EU – Rechtsstaatlichkeit: Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, Ungarn wegen seiner rechtsstaatlichen Defizite einen Teil der EU-Mittel zu kürzen. Das Geld sei in Ungarn nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt, sagte zur Begründung EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn am Sonntag. Mo-FAZ (Thomas Gutschker), Mo-SZ (Björn Finke), Mo-taz und LTO berichten. Damit die Maßnahme tatsächlich umgesetzt wird, müssen mindestens 15 Länder mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung im EU-Ministerrat zustimmen. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat sich laut spiegel.de bereits dagegen ausgesprochen. Um die drohenden Kürzungen abzuwenden, sollen in Ungarn in dieser Woche mehrere Gesetze verabschiedet werden, mit denen die von der EU festgestellten Defizite beseitigt werden sollen. Wie zeit.de berichtet, soll unter anderem eine unabhängige Korruptionsbekämpfungsstelle, die die Verwendung von EU-Mitteln überwachen soll, eingerichtet werden. Außerdem seien Maßnahmen geplant, um die Gesetzgebung transparenter zu gestalten.
Misstrauen sei angebracht, meint Peter Sturm (Mo-FAZ). Schöne Worte habe man von Orban schon oft gehört, an seinen Taten solle man ihn messen. Für Markus Becker (spiegel.de) wäre es ein Desaster, sollte sich für die Strafmaßnahmen nicht die erforderliche Mehrheit finden. Es wäre das nicht nur ein Triumph für Orbán, es könnte zugleich der Anfang vom Ende der EU sein.
Ungarn – Abtreibungsrecht: Auch die Sa-SZ (Cathrin Kahlweit) widmet sich jetzt dem neuen ungarischen Abtreibungsrecht, wonach ungarische Frauen vor einer Abtreibung per Ultraschall den Herzschlag ihres Fötus anhören müssen.
Russland – EMRK: Russland ist nicht mehr Mitgliedsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention, der vor einem halben Jahr erklärte Austritt des Landes sei am Freitag wirksam geworden, teilt nun auch LTO mit. Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte seien allerdings noch 17.450 Klagen anhängig, die vor Freitag eingereicht worden seien und noch geprüft würden.
Türkei – Angriffe in Syrien: Rolf Gössner, Kuratoriumsmitglied der Internationalen Liga für Menschenrechte fordert in einem Gastbeitrag für die Mo-taz sofortige internationale Maßnahmen, um die Völkerrechtsverstöße zu beenden, die die Türkei in Teilen Syriens und des Iraks begehe. Wer Russlands Ukrainekrieg zu Recht als völkerrechtswidrig geißelt, müsse auch die Kriegsangriffe der Türkei gegen Kurden in Syrien klar und deutlich verurteilen und als das qualifizieren, was sie seien: systematische völkerrechtswidrige An- und Übergriffe eines Nato-Mitglieds auf souveräne Staaten und ihre Zivilbevölkerung.
Belgien – Richter ins Gefängnis: Im Rahmen eines Experimentes haben sich 55 belgische Richter und Staatsanwälte für eineinhalb Tage im Gefängnis einsperren lassen. Sie werden wie normale Häftlinge behandelt, dürfen ihre Handys nicht benutzen, müssen unter anderem in der Küche und in der Wäscherei arbeiten und dürfen Familienbesuch empfangen, beschreibt spiegel.de den Versuch. "Dies wird ihnen zweifellos dabei helfen zu beurteilen, ob der Freiheitsentzug die beste Lösung für einen Menschen ist, der einen Fehler begangen hat", wird Justizminister Vincent Van Quickenborne zitiert.
England – King Charles: Martin Rath beleuchtet auf LTO die Regierungszeiten von zwei Vorgängern des neuen englischen Königs Charles III, den früheren englischen Königen Charles I und Charles II.
Sonstiges
Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit: Heribert Prantl (Sa-SZ) erinnert daran, dass die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit "für unruhige Zeiten, also für die Achterbahnzeiten, gemacht ist". Der Artikel 8 des Grundgesetzes garantiere den Protest auch und gerade dann, wenn dieser Protest auf Empörung stoße. Die Debatte, wem es gelinge, die für den Herbst erwarteten großen Demonstrationen politisch auszunutzen, sei fruchtlos, besser wäre es, sich nachdrücklicher mit den Problemen zu befassen, die die Unruhe auslösen und schüren.
Rechtssoziologie – Querulanten: Im Bereich des Rechts gelte er "als Landplage, und immer wieder hat die scheinbare Irrationalität seines Tuns die Geplagten dazu ermuntert, ihm den Verstand oder zumindest die Prozessfähigkeit abzusprechen", konstatiert André Kieserling (FAS) zum Querulanten. Für ihn sei die Justiz nicht mehr die Instanz, die er im Streit mit dem Nachbarn, der Ehegattin, dem Händler anrufe, sie sei vielmehr die Verbündete seines Gegners und daher genauso zu bekämpfen wie dieser – zum Beispiel indem man ihr möglichst viel sinnfreie Arbeit mache.
Rechtsgeschichte – Hammersmith-Geister-Mord: Die Sa-SZ (Josef Schnelle) erinnert an einen historischen Fall des Tatbestandsirrtums. 1804 hatte Francis Smith, Mitglied einer Bürgerwehr, in London den Maurer Thomas Millwood, den er aufgrund seiner weißen Berufsbekleidung für eine Geistererscheinung hielt, erschossen. Vorangegangen waren Gerüchte über einen Geist, der in der Gegend sein Unwesen getrieben haben soll.
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LTO/pf
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