OLG Koblenz zur Arzthaftung: Zahnarzt muss vor OP auch über seltene Risiken aufklären

21.09.2012

Besteht beim Einsatz von Zahnimplantaten die seltene, aber gravierende Gefahr einer dauerhaft verbleibenden Schädigung der Nerven, ist der Patient über Inhalt und Tragweite dieser möglichen Folge hinreichend zu informieren. In einem Zivilprozess muss der Arzt beweisen, dass er den Patienten nach diesen Vorgaben korrekt aufgeklärt hat. Der bloße Hinweis "Nervschädigung" in einem schriftlichen Formular ist unzureichend. Dies entschied das OLG Koblenz in einem am Freitag bekannt gewordenen Beschluss.

Der beklagte Zahnarzt hatte der klagenden Patientin zwei Implantate eingesetzt. Infolge des Eingriffs leidet diese unter einer dauerhaften Nervschädigung. Sensibilitätsstörungen und Schmerzen insbesondere beim Kauen beeinträchtigen sie täglich. In ihrer Klage warf die Frau dem Arzt vor, sie über die Behandlungsrisiken und -alternativen nicht hinreichend aufgeklärt zu haben. Das Landgericht sprach ihr ein Schmerzensgeld von 7.000 Euro zu.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Arztes hatte nun vor dem Oberlandesgericht (OLG) keinen Erfolg. Die Richter bestätigten, der Arzt habe nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, die Patientin über alle Risiken umfassend und sachgemäß aufgeklärt zu haben.

Durch das schriftliche Formular sei keine hinreichende Aufklärung der Klägerin erfolgt. Zwar stand in dem Bogen, die Behandlung berge das Risiko der "Nervschädigung". Daraus – so der Senat – erschließe sich dem Patienten aber nicht, dass eine Nervschädigung zu einem dauerhaft verbleibenden Schaden mit nicht mehr zu beseitigenden Sensibilitätsstörungen führen könne. Auch wenn ein solcher Dauerschaden ein seltenes Risiko sei, müsse der Arzt umfassend über die Folgen aufklären, weil die Komplikation die weitere Lebensführung des Patienten besonders nachhaltig und tiefgreifend beeinträchtigen könne.

Wegen der unzureichenden Aufklärung habe die Klägerin – die bei ordnungsgemäßer Information eine andere  Behandlung gewählt hätte – in den Eingriff nicht wirksam eingewilligt, was zur Haftung des Beklagten für die schädlichen Folgen der Behandlung führe (Beschl. v. 22.08.2012, Az. 5 U 496/12).

tko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Koblenz zur Arzthaftung: . In: Legal Tribune Online, 21.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7145 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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