Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des BGH hat am Montag entschieden, dass die Wiederbestellung eines Vorstandsmitglieds für höchstens fünf Jahre nach einverständlicher Amtsniederlegung auch ohne besondere Gründe zulässig ist.
Sowohl die Gesetzgebungsgeschichte als auch der Sinn und Zweck des § 84 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG) ließen die Möglichkeit der Wiederbestellung zu, so der Bundesgerichtshof (BGH). Nach dieser Vorschrift dürfen Vorstandsmitglieder auf höchstens fünf Jahre bestellt werden. Über eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit darf der Aufsichtsrat frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit entscheiden.
Entscheidend ist nach Ansicht der Richter, dass der Aufsichtsrat sich nicht länger als nach § 84 Abs. 1 AktG zulässig bindet und mindestens alle fünf Jahre über die Verlängerung der Amtszeit des Vorstandsmitglieds eine Entscheidung trifft (Urt. v. 16.07.2012, Az. II ZR 55/11).
Geklagt hatte das Mitglied des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, an der zwei Familienstämme beteiligt sind. Am Tag vor der Hauptversammlung beschloss der Aufsichtsrat, zwei Vorstandsmitglieder, die einem Familienstamm zuzurechnen waren, unter "einvernehmlicher Aufhebung" ihrer noch bis zum Januar 2010 laufenden Bestellung für jeweils fünf Jahre bis Juli 2012 erneut zu Vorstandsmitgliedern zu bestellen.
Wiederbestellung war nicht rechtsmissbräuchlich
Daraufhin beantragte das Mitglied des Aufsichtsrats festzustellen, dass die Aufsichtsratsbeschlüsse über die Wiederbestellung der beiden Vorstandsmitglieder nichtig sind. Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht (OLG) hat ihr stattgegeben. Nach seinen Feststellungen wurden die Beschlüsse über die vorzeitige Wiederbestellung für fünf Jahre vor dem Hintergrund von Streitigkeiten zwischen den Familienstämmen gefasst, um für den am nächsten Tag von der Hauptversammlung zu wählenden neuen Aufsichtsrat "vollendete Tatsachen" zu schaffen.
Nach Ansicht des II. Zivilsenats lagen die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 AktG hier vor. Dass der neue Aufsichtsrat durch die Entscheidung gebunden wird, mache sie nicht unzulässig. Denn der Aufsichtsrat in seiner jeweiligen personellen Zusammensetzung habe kein Recht, den Vorstand ohne Rücksicht auf die Laufzeit der Bestellungen mit Mitgliedern seines Vertrauens zu besetzen. Gründe, aus denen die Wiederbestellung im konkreten Fall rechtsmissbräuchlich hätte sein können, seien nicht ersichtlich.
tko/LTO-Redaktion
BGH zur Aktiengesellschaft: . In: Legal Tribune Online, 17.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6637 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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