Das An- und Ablegen der Polizeiuniform in den Diensträumen vor Beginn und nach Ende einer Schicht gehören ebenso wie das Übergabegespräch beim Schichtwechsel nicht zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Polizeibeamten. Dies geht aus zwei am Donnerstag bekannt gewordenen Urteilen des VGH Stuttgart hervor.
Nach den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Mannheim ist mangels einer gesetzlichen Regelung darüber, ob die für das An- und Ablegen der Polizeiuniform in der Dienststelle erforderliche Zeit zur beamtenrechtlichen Arbeitszeit gehört, auf die Pflichten aus dem Dienst- und Treueverhältnis des Beamten abzustellen. Danach sei eine Tätigkeit Dienst im Sinne von Arbeitszeit, wenn sie zu den Aufgaben des dem Beamten übertragenen Amtes gehöre oder wenn sie ihn bei seinen Dienstaufgaben so erheblich beanspruche, dass sie seinen Dienstverrichtungen gleichstehe (Urt. v. 28.07.2011, Az. 4 S 1676/10 und 4 S 1677/10).
Beim An- und Ablegen der Polizeiuniform ist dies nach Ansicht des 4. Senats nicht der Fall. Es gehe nur um eine Vor- oder Nachbereitung des Dienstes, die auch der persönlichen Interessensphäre des Beamten zuzuordnen sei und seine individuelle Lebensführung nicht mehr als das An- und Ablegen von Zivilkleidung beeinträchtige. Es stehe Polizeibeamten zudem frei, die Uniform mit nach Hause zu nehmen und ohne Waffe zu tragen. Übergabegespräche mit Kollegen der vorangehenden und nachfolgenden Schicht gehörten ebenfalls nicht zur Arbeitszeit, da solche Gespräche nur zwischen den jeweils schichtführenden Beamten vorgeschrieben seien und dafür "Überlappungszeiten" gewährt würden.
Anderes gelte nur für die Zeit des An- und Ablegens von Dienstwaffe und Schutzweste. Dabei gehe es über die Vorbereitung des Dienstes hinaus um die Herstellung der Einsatzbereitschaft. Die betreffenden Gegenstände hätten einen besonderen Bezug zur Diensterfüllung. Sie seien im Gegensatz zur Polizeiuniform gerade nicht geeignet, auch Funktionen zu erfüllen, die der persönlichen Interessensphäre des Beamten zuzuordnen seien, so die Verwaltungsrichter.
Geklagt hatten zwei Polizeibeamte des Landes Baden-Württemberg aus Mannheim und Tauberbischofsheim, die bei den Polizeidirektionen Streifendienst in Wechselschicht leisten. Sie beantragten im Jahr 2008 unter anderem, die Zeiten für das An- und Ablegen von Uniform, Dienstwaffe und Schutzweste mit 15 Minuten je Dienstschicht ihren Arbeitszeitkonten. Nach Ablehnung der Anträge und der Widersprüche gegen diese Entscheidung durch das Land Baden-Württemberg wurden auch die später erhobenen Klagen durch die Verwaltungsgerichte Karlsruhe und Stuttgart abgewiesen. Die dagegen eingelegten Berufungen hatten nun hinsichtlich des An- und Ablegen von Dienstwaffe und Schutzweste Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden.
eso/LTO-Redaktion
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VGH Mannheim: . In: Legal Tribune Online, 11.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3995 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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