Eine Arzthelferin wurde aufgefordert, ihre Corona-Impfung nachzuweisen. Für das VG Schwesig ist ein solcher Verwaltungsakt "offensichtlich rechtswidrig", da er wegen der Möglichkeit des Verwaltungszwangs auf eine Impfpflicht hinauslaufe.
Gesundheitsämter dürfen nach einem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts (VG) vom 13. Juni 2022 (Az. 1 B 28/22) nicht durch Verwaltungsakte von Gesundheits- und Pflegepersonal Impfnachweise fordern. Entsprechend ist ihnen auch die Möglichkeit verwehrt mit Verwaltungszwang, wie etwa Zwangsgeld, eine solche Aufforderung durchzusetzen.
Eine Zahnarzthelferin aus Flensburg legte ihrem Arbeitgeber bis zum 15. März 2022 keinen Impfnachweis vor. Daraufhin informierte dieser das zuständige Gesundheitsamt. Das Amt versandte am 28. April 2022 einen Bescheid an die Frau. Darin wurde sie aufgefordert bis Anfang Juni einen Impf- oder Genesenennachweis bzw. ein ärztliches Zeugnis darüber vorzulegen, dass sie aus medizinischen Gründen nicht gegen Covid19 geimpft werden darf. Für den Fall der Zuwiderhandlung erfolgte der Hinweis auf ein mögliches Bußgeld in Höhe von bis zu 2.500 Euro.
Die Zahnarzthelferin legte Widerspruch ein und begehrte einstweiligen Rechtsschutz gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vor dem Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht. Dort hatte sie Erfolg. In dem LTO vorliegenden Beschluss bezeichnet das Gericht die Vorlagepflicht der Impfung oder des Genesenenstatus als "offensichtlich rechtswidrig". Zuerst hatte Focus Online berichtet.
Hintergrund ist, dass die Vorlagepflicht wie jeder Verwaltungsakt mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden kann und damit letztlich auf eine Impfpflicht hinausläuft. Nach dem Beschluss des VG habe der Gesetzgeber sich aber gerade gegen eine solche Impfpflicht entschieden, sondern vielmehr für ein Beschäftigungsverbot von Personen, die keinen Nachweis erbringen.
Gerichtssprecherin: Betretungs- und Tätigkeitsverbot bleibt möglich
Das Gesundheitsamt dürfe die Aufforderung des Impfnachweises also nicht im Wege des Verwaltungszwangs isoliert durchsetzen. Die Nachweispflicht habe allein vorbereitenden Charakter für ein Betretungs- und Tätigkeitsverbot von Einrichtungen der Gesundheitspflege und könne nicht isoliert mit einem Verwaltungsakt durchgesetzt werden.
Die Pressesprecherin des VG Friederike Lange teilte Focus Online mit: "Die Antragstellerin hat zunächst nur erreicht, dass die angeordnete Vorlage eines Impfnachweises, eines Genesenennachweises oder einer ärztlichen Bescheinigung über eine Impfungsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht durch einen Verwaltungsakt mit anschließendem Verwaltungszwang durchgesetzt werden kann." Dennoch müsse die ungeimpfte Zahnarzthelferin mit Sanktionen rechnen. Friederike Lange: "Die Behörden können zwar eine solche Vorlage nun nicht mehr durch Verwaltungsakt anordnen. Ihnen verbleibt jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, gegenüber den Betroffenen ein Betretens- oder Tätigkeitsverbot auszusprechen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen."
Gegen den Beschluss des VG kann der Kreis Schleswig-Flensburg noch Beschwerde einlegen.
Nicht zu entscheiden hatte das Verwaltungsgericht über die Frage, ob eine Behörde für den Fall der unterbleibenden Nachweispflicht ein Bußgeld nach 73 Abs. 1a Nr. 7h IfSG verhängen darf, was ebenfalls auf eine indirekten Impfzwang hinauslaufen könnte. Die Frage war bereits nicht streitgegenständlich.
fz/LTO-Redaktion
*Der Text wurde am 17. Juni 2022 redaktionell korrigiert. Zuvor wurde unrichtig dargestellt, dass das Verwaltungsgericht über Bußgelder entschieden hätte. Richtig ist, dass über die Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten und damit zugleich über die Rechtswidrigkeit von Verwaltungszwang entschieden wurde.
VG Schleswig-Holstein zu Impfnachweisen: . In: Legal Tribune Online, 16.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48774 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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