VG Koblenz: Fester Höchstbetrag für beihilfefähige Aufwendungen verstößt gegen Grundgesetz

15.02.2011

Die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheitsfällen darf nicht generell auf einen durch die Bundesbeihilfeverordnung festgeschriebenen Höchstbetrag beschränkt werden, da eine entsprechende Begrenzung gegen die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn und damit gegen höherrangiges Recht verstößt. Das hat das VG Koblenz entschieden.

Nach Ansicht des Gerichts muss der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht dafür Sorge tragen, dass ein angemessener Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sichergestellt ist. Dies erfordere, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können (Urt. v. 02.02.11, Az. 2 K 729/10.KO).

Das Verwaltungsgericht (VG) gab damit der Klage eines Beamten statt, der beidseitig auf die Benutzung eines Hörgeräts angewiesen ist. Die Kosten für die Geräte, mit denen er letztlich eine ausreichende Hörleistung erreicht, beliefen sich auf insgesamt über 5.000 Euro. Die Beihilfeverordnung des beklagten Dienstherrn sieht jedoch vor, dass Aufwendungen für Hörgeräte je Ohr nur bis zu einer Höhe von 1.025 Euro beihilferechtlich berücksichtigungsfähig sind. Auf dieser Grundlage wurde dem Kläger Beihilfe gewährt.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger, ihm weitere Beihilfe auf Grundlage der tatsächlich angefallenen Kosten für die Hörgeräte zu gewähren. Zur Begründung trug er vor, dass die ansonsten für die medizinisch notwendigen Hörgeräte verbleibende Eigenbelastung die beihilferechtlich zumutbare Belastungsgrenze überschreite und deshalb ein Härtefall vorliege, welcher eine von den festgesetzten Obergrenzen abweichende Entscheidung rechtfertige. Der beklagte Dienstherr berief sich auf die Verbindlichkeit der Höchstbeträge der Beihilfeverordnung.

Nach Ansicht des VG kann sich der Diensteherr nicht auf festgelegte beihilfefähige Höchstbeträge zurückziehen, wenn die notwendige medizinische Versorgung Mehrkosten verursache und der Betroffene diese nicht in zumutbarer Weise selbst aufbringen könne. Für solche Fälle sei eine abstrakt-generelle Härtefallregelung erforderlich, die die Beihilfeverordnung jedoch nicht enthalte und die auch nicht im Wege einer entsprechenden Anwendung (Analogie) in diese hineingelesen werden könne. Ohne Härtefallregelung verstoße der festgesetzte Höchstbetrag gegen die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn und damit gegen höherrangiges Recht.

tko/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

VG Koblenz: . In: Legal Tribune Online, 15.02.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2542 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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