Parteilose Direktkandidaten stehen auf Wahlzetteln weit unten. Dagegen wehrte sich ein Direktkandidat in Rheinland-Pfalz. Das VG entschied jedoch, dass mündige und verständige Bürger den Wahlzettel schon richtig läsen.
Rechtsbehelfe, die sich auf ein Wahlverfahren beziehen, sind nach dem rheinland-pfälzischen Landeswahlgesetz im Vorfeld der Wahl grundsätzlich nicht statthaft. Eine Ausnahme besteht nur, wenn ein offensichtlicher Fehler festgestellt wird. Hinsichtlich der Gestaltung der Stimmzettel bestehen für einen solchen aber keine Anhaltspunkte. Das entschied das Verwaltungsgericht Koblenz (VG) in einem Eilverfahren (Beschl. v. 28.12.2020, Az. 5 L 1163/20.KO), das ein parteiloser Kandidat angestrengt hatte.
Der Mann, der keiner Partei oder Wählervereinigung angehört, bewirbt sich bei der Landtagswahl 2021 in Rheinland-Pfalz als Wahlkreisabgeordneter. Als ein solcher Direktkandidat wird er auf dem Stimmzettel in der linken Spalte des Stimmzettels geführt. Die Reihenfolge der Nennung wird jedoch wesentlich durch die rechte Spalte beeinflusst, in der die Parteien und Wählervereinigungen gelistet werden und die Direktkandidatinnen und -kandidaten in der gleichen Zeile wie ihre Partei genannt werden. Parteilose werden dementsprechend erst im Anschluss an die Wahlvorschläge der Parteien aufgeführt und stehen damit auf dem Stimmzettel relativ weit unten.
Diese Gestaltung des Wahlzettels, so der parteilose Direktkandidat in seinem Antrag, stelle eine unzulässige Wahlbeeinflussung dar, die die Chancengleichheit der Wahl verletze. Es bestehe die Gefahr für ihn, gar nicht wahrgenommen oder wegen seiner Position ganz am Ende des Stimmzettels nicht als "ebenbürtiger" Kandidat eingeordnet zu werden. Als andere Gestaltungsmöglichkeit schlug der Mann deshalb beispielsweise vor, alle Parteilosen auf einem gesonderten Zettel zu führen.
VG: Stimmzettelgestaltung kein offensichtlicher Fehler
Das VG lehnte den Eilantrag des Kandidaten jedoch ab. Zunächst sei der Antrag schon gar nicht zulässig. Um eine möglichst reibungslose Durchführung der Wahl zu gewährleisten, beschränke das Landeswahlgesetz den Rechtsschutz des Einzelnen im Vorfeld einer Landtagswahl. Deshalb könnten Maßnahmen und Entscheidungen, die – wie die Gestaltung der Stimmzettel – unmittelbar auf das Wahlverfahren bezogen seien, nur mit den im Landeswahlgesetz vorgesehen Rechtsbehelfen sowie dem Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Eine Überprüfung im Rahmen eines Eilverfahrens komme daher grundsätzlich nicht in Betracht.
Eine Ausnahme könne jedoch für offensichtliche Fehler im Wahlverfahren bestehen, führte das Gericht aus. Doch selbst wenn man davon ausginge, bestünden solche offensichtlichen Fehler im konkreten Fall des Mannes nicht, da die Gestaltung der Stimmzettel dem Landeswahlgesetz und der Landeswahlordnung entspreche. Auch seien Verfassungsprinzipien wie die Gleichheit und Freiheit der Wahl jedenfalls nicht offensichtlich verletzt.
Die Landesverfassung, so das VG, gehe nämlich vom Leitbild der "mündigen, verständigen und ihr Wahlrecht verantwortungsbewusst ausübenden" Wahlbürgerinnen und -bürger aus. Um ihrer Rolle als Souverän gerecht zu werden, liege es in ihrer Verantwortung, den Inhalt des gesamten Stimmzettels zu erfassen und insoweit naheliegende Überlegungen anzustellen. Dazu gehöre es, den Stimmzettel ganz zu entfalten und sorgfältig zu lesen, ohne sich von Äußerlichkeiten desorientieren zu lassen. Außerdem werde ein Muster des Stimmzettels in voller Größe in der Nähe des Wahlraumes ausgehängt, sodass sich jeder vorab über die Namen und Parteien auf der Liste informieren könne. Schließlich könnten Parteilose auch beispielsweise durch Wahlwerbung auf ihre Position auf dem Stimmzettel aufmerksam machen.
Gegen diese Entscheidung steht dem Mann noch die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu.
ast/LTO-Redaktion
VG Koblenz zur Kellerposition auf dem Wahlzettel: . In: Legal Tribune Online, 11.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43941 (abgerufen am: 08.11.2024 )
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