VG Kassel: Real­schü­lerin kannte Lösungen der Abschluss­klau­suren

06.04.2011

Eine Realschülerin muss die Bewertung ihrer Abschlussklausuren mit "ungenügend" hinnehmen. Das VG Kassel sah es als erwiesen an, dass ihr die Lösungen vor der Prüfung bekannt waren. Der Vater der Schülerin, ein ehemaliger Büroleiter im Staatlichen Schulamt, war zuvor im Strafverfahren frei gesprochen worden.

Angesichts der in den Klausuren in den Fächern "Englisch", "Deutsch" und "Mathematik" festzustellenden markanten Übereinstimmungen mit den Lösungshinweisen für die Korrektoren müsse die Schülerin Kenntnis von den sogenannten Handreichungen und damit von den Lösungsmustern hinsichtlich aller drei Klausuren gehabt haben. Anders seien die in den drei Klausuren zu findenden auffälligen Übereinstimmungen nicht zu erklären, so die Kasseler Richter (Urt. v. 05.04.2011, Az. 3 K 1304/09.KS).

Mit ihrer Klage wollte die Schülerin eine Bewertung ihrer Leistungen in den drei Fächern mit  jeweils "sehr gut" erreichen, um zur gymnasialen Oberstufe zugelassen zu werden. Sie behauptet, ihre sehr guten Leistungen in den Prüfungsarbeiten seien nicht mit Täuschungshandlungen, sondern allein durch eine sehr intensive Vorbereitung – auch mit Nachhilfelehrern – zu erklären.

Gegen den Vater der Schülerin – den ehemaligen Büroleiter im Staatlichen Schulamt Fulda –  hatte die Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und der Geheimhaltungspflicht erhoben. Das Amtsgericht Fulda sprach ihn zwar aus Mangel an Beweisen frei, sah es aber als erwiesen an, dass die Schülerin die Lösungen gekannt habe.

Der Freispruch des Vaters sei, so die Verwaltungsrichter, für ihre Entscheidung ebenso ohne Belang wie der Weg, auf dem die Schülerin letztlich in den Besitz der Handreichungen gelangte. Denn in dem vom VG zu entscheidenden Verfahren sei allein die Frage zu klären gewesen, ob eine Täuschungshandlung vorliege. Diese Überzeugung habe das Gericht  nach umfassender Würdigung aller Umstände des Falles gewonnen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgericht (VG) Kassel ist auch zu berücksichtigen, dass die Leistungen der Klägerin nicht nur sehr gut, sondern – im Vergleich zu anderen Mitschülern und Schülern einer anderen Schule –  herausragend gewesen seien. Hiermit seien ihre bisherigen Prüfungsleistungen nicht in Einklang zu bringen. Die Einschätzung des Gerichts werde im Übrigen dadurch bestätigt, dass die Schülerin während des laufenden Schuljahres im Rahmen einer Hausarbeit im Fach "Deutsch" Texte aus dem Internet verwendet habe, ohne diese kenntlich zu machen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

tko/LTO-Redaktion

Mehr auf LTO.de:

Schule: 13-Jähriger klagt gegen verkürztes Abitur

Geodatenschutz: StayFriends fotografiert deutsche Schulen

Grenzüberschreitende Juristenausbildung: Deutsches Recht macht Schule

Zitiervorschlag

VG Kassel: . In: Legal Tribune Online, 06.04.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2961 (abgerufen am: 20.11.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen