Die Stadt Kassel will einen Aufzug von Rechten nach dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke verhindern, doch das VG hob das Verbot nun auf. Die Polizei bereitet sich deshalb auf einen Großeinsatz vor.
Die von der Partei "Die Rechte" angemeldete Versammlung kann wohl doch in Kassel stattfinden. Das Verwaltungsgericht (VG) Kassel gab einem Eilantrag gegen eine Verfügung der Stadt Kassel statt, womit die für den 20. Juli angemeldete Demo verboten wurde. Die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Totalverbot lägen nicht vor, teilte das Gericht am Mittwoch mit (Beschl. v. 17.07.2019, Az 6 L 1806/19.KS). Die Stadt kann gegen die Entscheidung vor den Verwaltungsgerichtshof ziehen. Ob sie diesen Schritt macht, blieb zunächst unklar.*
*Update am Tag der Veröffentlichung, 15:34 Uhr: Die Stadt Kassel hat inzwischen angekündigt, gegen die Entscheidung vor den Verwaltungsgerichtshof zu ziehen.
Zu der Demonstration im Zusammenhang mit dem Mord an Kassels Regierungspräsidenten hatte die rechtsextreme Kleinstpartei "Die Rechte" aufgerufen. Ein Mitglied des Bundesvorstands hatte die Kundgebung angemeldet. "Die Rechte" will gegen eine angebliche Instrumentalisierung des Attentats auf den CDU-Politiker protestieren, mit dem Rechte in die Nähe von Gewalt und Terror gerückt würden. Motto der Veranstaltung ist "Gegen Pressehetze, Verleumdung und Maulkorbphantasien".
Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war am 2. Juni in seinem Haus im Landkreis Kassel erschossen worden. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Der 45-jährige Stephan E. hatte die Tat gestanden und dann sein Geständnis widerrufen.
Auflagen statt Verbot
Die Stadt Kassel wollte die Demonstration verhindern, die zudem auf den Jahrestag des Hitlerattentats fällt. Doch das VG entschied dagegen: Dass die Rechten das Andenken Lübckes diskreditieren wollten, sei nur eine Vermutung. Kritik an der Berichterstattung über den Fall sei grundsätzlich legitim.
Die Stadt hatte das Verbot unter anderem darauf gestützt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Straftaten der Demoteilnehmer zu erwarten seien. Das VG hielt dies aber für "rein spekulativ und vage". Die Annahme sei auf bloße Vermutungen gestützt und entbehre konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte. Es genüge nicht, auf die aufgeheizte Stimmung und die Gefahr von rechtswidrigen Handlungen oder Störungen hinzuweisen und dabei allgemeine Erkenntnisse des Verfassungsschutzes oder Presseberichte als Beleg für drohende gewalttätige Aktionen anzuführen. Etwaigen Gefährdungen könne durch Auflagen begegnet werden, entschied das VG.
Kommt es zur Demo, erwartet die Polizei am Samstag nicht nur 100 bis 500 Rechte, sondern auch einige Tausend Gegendemonstranten. Ein Bündnis gegen Rechts hat in Kassel 13 Gegenveranstaltungen angekündigt. Damit beide Seiten nicht direkt aufeinandertreffen, will die Bundespolizei verstärkt im Einsatz sein. "Für die Sicherheit der Bahnreisenden, insbesondere in und aus Richtung Kassel, werden wir verstärkt präsent sein", sagte Polizeidirektorin Sonja Koch-Schulte. Dadurch könne es zu Einschnitten im Öffentlichen Nahverkehr und im Bereich der Kasseler Bahnhöfe kommen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Nach Mord an Walter Lübcke: . In: Legal Tribune Online, 17.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36549 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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