VG Karlsruhe verweigert einstweiligen Rechtsschutz: Flücht­lings­un­ter­kunft darf in Gewer­be­ge­biet gebaut werden

15.02.2016

Verschiedene Betriebe in Baden-Baden haben erfolglos gegen die Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft im Nachbarbereich eines Gewerbegebiets geklagt. Die Nutzbarkeit ihrer Grundstücke werde nicht beeinflusst, so das VG.

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts (VG) Karlsruhe hat es abgelehnt, Gewerbetreibenden im "Gewerbepark Wörnersangewand" in Baden-Baden vorläufigen Rechtsschutz gegen den dort genehmigten Bau einer Flüchtlingsunterkunft zu gewähren (Beschl. v. 12.02.2016, Az. 6 K 121/16).

Die Betriebe der Antragsteller liegen in den Teilbereichen GE 2 und GE 3b des Bebauungsplans. Im Teilbereich GE 1 soll das Asylbewerberheim errichtet werden, der Plan lässt auch den Bau von Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zu. Die Gewerbetreibenden machten geltend, dass Wohnungen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig seien und dort auch nicht als Anlagen für soziale Zwecke zugelassen werden könnten. Auch diese wohnähnliche Nutzung vertrage sich nicht mit der Festsetzung eines Gewerbegebietes, argumentierten die Unternehmen. Sie befürchteten außerdem, dass es zu erhöhter Kriminalität, Problemen bei der Müllentsorgung und zu einem Attraktivitätsverlust ihrer Betriebe komme.

Das VG Karlsruhe folgte diesen Argumenten nicht. Zwar seien Wohnungen in Gewerbegebieten gemäß § 8 Abs. 1 der Verordnung über die bauliche Nutzung von Grundstücken (BauNVO) nur als notwendige Ergänzung der gewerblichen Nutzung ausnahmsweise zugelassen, zum Beispiel als Betriebsleiterwohnung. Der Begriff der "Wohnung" umfasse aber auch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, eine Eigengestaltung der Haushaltsführung sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts. Hieran fehle es, wenn die Bewohner - wie geplant - bei gemeinschaftlicher Nutzung von Küche und Sanitärräumen auf engem Raum in Zweibettzimmern untergebracht werden.

Keine Wohnung, sondern soziale Anlage

Eine solche Gemeinschaftsunterkunft könne aber als Anlage für soziale Zwecke nach dem neu geschaffenen § 146 Abs. 10 Baugesetzbuch (BauGB) zugelassen werden. Die Vorschrift erlaubt die Möglichkeit einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans, sofern an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden können und die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im Teilbereich GE 1 lasse der Bebauungsplan ausdrücklich den Bau sozialer Anlagen zu.

Der Befreiung am konkret geplanten Standpunkt stünden auch nachbarliche Interessen nicht entgegen. Die Teilbereiche der Gewerbetreibenden seien vom Teilbereich der geplanten Unterkunft durch eine Stichstraße räumlich getrennt. Da diese zu einem Ortszentrum mit Einkaufsmöglichkeiten und Verkehrsanbindung führe, sei ohnehin nicht davon auszugehen, dass sich die Flüchtlinge ständig im Gewerbegebiet aufhielte, so das VG.

Soweit die Unternehmen ein erhöhtes Müllaufkommen, eine Abschreckung von Kunden, einen Werteverfall ihrer Grundstücke und eine Erhöhung der Kriminalität befürchteten, hätten sie nicht substantiiert vorgetragen, dass sie in der Nutzungsmöglichkeit ihrer Betriebsgrundstücke beeinträchtigt wären. Doch gerade eine solche unzumutbare Beeinträchtigung wäre baurechtlich relevant. Belästigungen, die nicht typischerweise mit der bestimmungsgemäßen Nutzung einer baulichen Anlage, sondern nur im Einzelfall aufträten, sei dagegen mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts zu begegnen.

ms/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Karlsruhe verweigert einstweiligen Rechtsschutz: . In: Legal Tribune Online, 15.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18466 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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