Weil er sich im vorzeitigen Ruhestand befindet, wurde ein Ex-Staatssekretär vom Bewerbungsverfahren um den Posten als OVG-Präsident ausgeschlossen - und dadurch in seinem Grundrecht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern verletzt, so das VG.
Das Niedersächsische Justizministerium (JM) darf einen Ex-Staatssekretär nicht aus dem Bewerbungsverfahren für die Stelle des Präsidenten des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) ausschließen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Hannover im Eilverfahren entschieden (Beschl. v. 03.05.2023 - 2 B 2381/23).
In dem Fall geht es um einen ehemaligen Staatssekretär, der im Niedersächsischen JM tätig gewesen ist und nach einem Regierungswechsel in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war. Aus dem einstweiligen Ruhestand hatte er sich - neben zwei weiteren Personen - auf die ausgeschriebene Stelle des OVG-Präsidenten beworben. Im März 2023 hatte das Niedersächsische Justizministerium ihm mitgeteilt, dass die Auswahlentscheidung in einem abgestuften Auswahlverfahren erfolgt und er in einer ersten Auswahl aus dem Besetzungsverfahren ausgeschlossen worden sei.
Zur Begründung hatte das Ministerium angeführt, als Ruhestandsbeamter habe er keinen Anspruch, an einem Auswahlverfahren teilzunehmen und im Rahmen der zu treffenden Entscheidung berücksichtigt zu werden. Er sei bereits im November 2022 und damit vor Ausschreibung der zu besetzenden Stelle gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden.
Außerdem gehe die Rechtsprechung davon aus, dass ein Ruhestandsbeamter nicht einem sonstigen Stellenbewerber gleichzusetzen sei, so das JM. Vielmehr müsse der in den Ruhestand versetzte Beamte zunächst in den aktiven Dienst zurückkehren, um die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG (Zugang zu öffentlichen Ämtern für Deutsche) zu erfüllen. Diese Rechtsprechung betreffe zwar Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden seien; sie sei jedoch auf den Fall des einstweiligen Ruhestands eines politischen Beamten übertragbar.
VG: Kein Grund, an Dienstfähigkeits des Ruheständlers zu zweifeln
Dieser Argumentation ist die zuständige Kammer in ihrer Eilentscheidung nicht gefolgt. Sie hat das Niedersächsische JM verpflichtet, den Ex-Staatssekretär in dem Auswahlverfahren zu berücksichtigen. Für die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens sei nach dem Grundsatz der Bestenauslese aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG) im Ausgangspunkt allein das Anforderungsprofil des Dienstpostens und die Eignung der Bewerber für den Dienstposten maßgeblich.
Entgegen der Ansicht des Ministeriums sei dabei die Rechtsprechung zum Ausschluss von Bewerbern, die wegen einer Erkrankung dienstunfähig sind, nicht auf Beamte übertragbar, die gemäß § 30 BeamtStG in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurden. Der aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähige Beamte sei von einer Bewerbung ausgeschlossen, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass er im Falle der Übertragung des begehrten Statusamtes dieses wird ausüben können. Im Gegensatz dazu bestehe bei einem politischen Beamten, der in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist und an keiner Erkrankung leidet, kein Anlass, an seiner Dienstfähigkeit zu zweifeln.
Auch sei der Ausschluss des ehemaligen Staatssekretärs nicht aus dem Grund gerechtfertigt, dass die Besoldung der Präsidentin oder des Präsidenten des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts unterhalb derjenigen eines Staatssekretärs liegt. Gemäß §§ 30 Abs. 3 S. 2, 29 Abs. 2 S. 3 BeamtStG sei der Dienstherr zwar nicht befugt, dem Ruhestandsbeamten gegen dessen Willen ein Amt mit geringerem Endgrundgehalt zu übertragen. Für den Fall, dass er sich aber selbst auf ein solches Amt bewirbt, stünden dem die beamtenrechtlichen Vorschriften aber nicht entgegen, so die Kammer.
Um die Bewerbung eines sich im einstweiligen Ruhestand befindenden Beamten auf die konkrete Stelle auszuschließen, hätte das Ministerium einen solchen Zusatz in den Ausschreibungstext aufnehmen und die Ausschreibung entsprechend beschränken müssen. Dies sei jedoch - unabhängig von der Frage, ob die Beschränkung dann auch zulässig gewesen wäre - jedenfalls nicht geschehen.
pab/LTO-Redaktion
JM muss Ex-Staatssekretär als Bewerber berücksichtigen: . In: Legal Tribune Online, 09.05.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51733 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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