Ein Polizeianwärter, der in Chats menschenverachtende und rassistische Inhalte teilt, kann nicht zum Polizeidienst zugelassen werden. Das urteilte das Verwaltungsgericht Gießen in einem Fall aus Hessen.
Weil er an einem Chat mit rassistischen Inhalten beteiligt war, wird ein Polizeianwärter nicht in den hessischen Polizeidienst übernommen. Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat eine entsprechende Klage des Mannes abgewiesen, mit der dieser begehrte, ihn zum Beamten auf Probe im gehobenen Polizeivollzugsdienst zu ernennen (Urt. v. 04.08.2021, Az. 5 K509/20.GI)
Der junge Mann hatte als Beamter auf Widerruf die Ausbildung zum Polizeikommissar an der Hessischen Polizeiakademie absolviert. Per Bescheid lehnte die Polizeiakademie Hessen den Antrag des Anwärters auf Ernennung zum Beamten auf Probe ab, da Zweifel an seiner charakterlichen Eignung bestünden. Hintergrund für diese Entscheidung sei eine Beteiligung des Mannes an einer Chat-Gruppe von Polizeianwärtern und Polizeianwärterinnen, in der u.a. Bilder und Dateien mit rassistischem und menschenverachtendem Inhalt versendet worden seien.
Der Polizeianwärter hatte außerhalb seiner Dienstzeit ohne Kommentierung eine Bilddatei versendet, welche in roter Schrift auf schwarzem Hintergrund die Großbuchstaben "H" und "K", das bestehende Firmenlogo des Rüstungsunternehmens Heckler & Koch, enthielt. Dazu habe in weißer Schrift und ebenfalls schwarzem Hintergrund der Text "Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt" gestanden. Zudem sei darin die Nahaufnahme eines Zielfernrohrs einer Waffe zu sehen gewesen, welches auf das Gesicht einer männlichen Person mit langem Bart gerichtet ist.
Land Hessen: "Keine geschmacklosen Witze"
Das Land Hessen hat die Auffassung vertreten, dass das Bild rassistisch und menschenverachtend sei, da die dort abgebildete Person aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes offensichtlich muslimischen Glaubens sei. Hinzu komme, dass aus dem Zusammenspiel aus dem Logo eines Waffenherstellers, der Perspektive einer Zielvorrichtung und der im allgemeinen Sprachgebrauch positiv konnotierten Redewendung "Der Mensch steht im Mittelpunkt" der Eindruck erweckt werde, dass das Töten von Menschen islamischen Glaubens legitim sei.
Eine Berufung des Polizeianwärters in das Beamtenverhältnis auf Probe würde zu einem erheblichen Ansehensverlust für die Polizei in Hessen führen und könnte dem Eindruck Vorschub leisten, die hessische Landespolizei dulde in ihren Reihen eine fremdenfeindlicheund menschenverachtende Gesinnung, so das Land. Die aufgefundenen Dateien könnten nicht als geschmacklose Witze abgetan werden. Ein Polizeibeamter habe es im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit zu vermeiden, dass er durch sein außerdienstliches Verhalten den Anschein setze, sich mit fremdenfeindlichen Gedankengut zu identifizieren oder auch nur zu sympathisieren.
Der Polizeianwärter vertrat die Ansicht, das Vorgehen der Polizeiakademie sei pauschal und oberflächlich und weise keinen Bezug zu seiner Person auf. Er sei ein "Bauernopfer", mit dem sich der Dienstherr aus dem Feuer der Kritik nehmen wolle. Von einer rassistischen oder sonst fremdenfeindlichen Aussage könne keine Rede sein. Vielmehr habe er den Einsatz von Waffen gegen Menschen der Dritten Welt und den darin liegenden Zynismus auf den Punkt bringen und die kriminellen Machenschaften des Waffenherstellers kritisieren wollen. Andere Länder, die andere Gebräuche, Sitten, Religionen und Spezialitäten pflegten, empfinde er als sehr wertvoll, weswegen er viel reise, um die Menschen und ihre Kultur kennenzulernen. Während seines Erststudiums habe er zudem bei einer Stiftung gearbeitet, die talentierte Zugewanderte auf ihrem Bildungsweg unterstütze und ihnen helfe, in Deutschland Fuß zu fassen.
Das Gericht ist von der Argumentation des Mannes nicht überzeugt gewesen und hat die Klage abgewiesen. Sie teilt nach der mündlichen Verhandlung die von der Polizeiakademie vertretene Einschätzung. Der Polizeianwärter habe durch das unkommentiert eingestellte Bild und die über einen langen Zeitraum ohne Distanzierung gebliebene Teilnahme an dem Gruppenchat berechtigte Zweifel dafür gesetzt, dass er nicht die Gewähr dafür bietet, in seinem Dienst unvoreingenommen und ohne Ansehen der Person seine Aufgaben wahrzunehmen.
cp/LTO-Redaktion
VG Gießen zur Beteiligung an rassistischen Chats: . In: Legal Tribune Online, 05.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45647 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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