Mit einer neuen Initiative wollen Warenhäuser und Einzelhändler die "Diskriminierung innerstädtischen Handels" beenden. Dazu sollen Geschäfte öfter sonntags öffnen dürfen. Die Gerichte tendieren aber weiter in die andere Richtung.
Im Kampf gegen den boomenden Online-Handel fordern führende deutsche Warenhausunternehmen, sonntags ihre Läden häufiger öffnen zu dürfen. Ziel der Initiative "Selbstbestimmter Sonntag" sei es, eine anhaltende Diskriminierung des innerstädtischen Einzelhandels zu beenden, sagte Karstadtchef Stephan Fanderl am Montag in Köln. Der Sonntag sei einer der wichtigsten Einkaufstage im Online-Handel. Es müsse nun darum gehen, diese Wettbewerbsverzerrung auf Kosten der stationären Händler zu beenden.
Ob und wie oft Geschäfte sonntags öffnen, entscheiden bislang die Länder. Die Kommunen legen die Termine fest. Während in vielen Bundesländern höchstens vier verkaufsoffene Sonntage erlaubt sind, dürfen Geschäfte in Berlin bis zu zehn Sonntage im Jahr öffnen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) will die Berliner Regelung bundesweit umsetzen.
An der Initiative sind neben den beiden großen Warenhausunternehmen Karstadt und Kaufhof nach Angaben der Veranstalter auch große Einkaufszentren und andere innerstädtische Händler beteiligt. Weitere Aktionen seien geplant, hieß es.
Nachteile für Arbeitnehmer befürchtet
Kritik kam von der Linken: "Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen Ruhephasen an den Wochenenden und das ist mit einer Ladenöffnung an den Sonntagen nicht mehr garantiert", sagte Parteichef Bernd Riexinger.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Verfahren gegen kommunale Genehmigungen für verkaufsoffene Sonntag geführt, nach eigenen Angaben zumeist mit Erfolg. Verdi verweist auf die geltenden Regeln und den Schutz der Beschäftigten. Unter anderem in Darmstadt hatte eine Klage Erfolg - ein verkaufsoffener Sonntag wurde im Nachhinein für rechtswidrig erklärt.
"Alle Beteiligten sind mündig genug, um auf freiwilliger Basis selbst zu entscheiden", findet hingegen Fanderl. Dabei sei es nicht das Ziel, an jedem Sonntag im Jahr zu öffnen. Längst sei das Einkaufen am Sonntag jedoch Teil der Freizeitgestaltung vieler Menschen. "Wir sitzen hier beim Thema Sonntagsöffnung auf einer Insel", sagte er.
Das große Ladensterben?
Dabei würden die vorhandenen Möglichkeiten für Sonntagsöffnungen derzeit zunehmend restriktiver ausgelegt, beklagt Fanderl. So komme es auch zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen einzelnen Kommunen und Bundesländern, zwischen denen die Regelungen sehr unterschiedlich genutzt würden.
Für den stationären Handel gehe es jedoch darum, seine Standorte im Konkurrenzkampf mit dem Online-Handel rentabel zu halten. "Wenn wir weiter die Öffnungszeiten eingrenzen, wird das auch Auswirkungen auf die Arbeitsplätze haben", betonte der Karstadt-Chef. Bereits heute werde mit einem weiteren Ladensterben gerechnet. Dabei gehe es auch darum, gegen eine Verödung der Innenstädte vorzugehen.
Am Ende entscheiden die Gerichte
Die obersten Bundesgerichte zeigten in der Vergangenheit aber auch Strenge hinsichtlich (zu) großzügiger Ladenöffnungszeiten: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) erklärte etwa die Rechtsverordnung der Stadt Worms zur Freigabe der Ladenöffnung an einem Sonntag für unwirksam. Die Verordnung erlaubte sämtlichen Verkaufsstellen im Gemeindegebiet, am 29. Dezember 2013 von 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr ihre Räume für die Kundschaft zu öffnen (Urt. v. 17.05.2017, Az. 8 CN 1.16). Nach Ansicht der Richter gab es keinen ausreichenden Sachgrund für die Ladenöffnung. Allein das Umsatz- und Erwerbsinteresse der Händler reiche nicht aus.
Auch das Bundesverfassungsgericht legt Wert auf den Schutz der Arbeitnehmer. Zwar hat Berlin bundesweit eine der günstigsten gesetzlichen Regelungen für Warenhäuser und Einzelhändler. Allerdings wiesen die Richter auch die Hauptstadt in ihre Schranken: Sie kippten die Regelung, nach welcher die Geschäfte an allen vier Adventssonntagen öffnen dürfen - damit musste ein neues Ladenöffnungsgesetz her.
dpa/nas/LTO-Redaktion
Ladenöffnung am Sonntag: . In: Legal Tribune Online, 29.05.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23052 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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