Keine Gesetzgebungskompetenz: "Volks­be­gehren gegen den Pfle­ge­not­stand" unzu­lässig

08.05.2019

Mehr Personal in Hamburgs Krankenhäusern soll bessere Pflege bringen. Eine Volksinitiative war mit dieser Forderung erfolgreich, kam damit in der Bürgerschaft aber nicht durch. Recht so, entschied das HVerfG.

Das Hamburgische Verfassungsgericht (VerfG) hat entschieden, dass das "Volksbegehren gegen den Pflegenotstand" nicht durchgeführt werden darf (Urt. v. 07.05.2019, Az. HVerfG 4/18). Der ursprüngliche Gesetzentwurf sei zu oft überarbeitet worden, dem Land fehle die Gesetzgebungskompetenz und das Volksbegehren verstoße gegen das Kopplungsverbot, so das Gericht am Dienstag.

Die Volksinitiative hatte im März 2018 die erforderliche Zahl an Unterstützern zusammenbekommen und hatte einen Gesetzentwurf zur Änderung des Hamburgischen Krankenhausgesetzes vorgelegt. Durch die Änderung sollten mehr Pflege- und Reinigungspersonal sowie eine bessere Pflegequalität durchgesetzt werden. Da die Bürgerschaft die Vorlage nicht als Gesetz verabschiedete, beantragten die Initiatoren das Volksbegehren. Der Senat sah höherrangiges Recht verletzt und hatte das Verfassungsgericht angerufen.

Das Gericht entschied einstimmig, dass das Volksbegehren nicht durchgeführt werden darf. Es verstoße gegen das Koppelungsverbot, sagte Gerichtspräsident Friedrich-Joachim Mehmel bei der Urteilsverkündung. Grund sei die Verbindung der Regelungen sowohl für Pflege- als auch für das Reinigungspersonal in dem Gesetzentwurf der Initiative, die nicht "den gebotenen sachlich-inhaltlichen Zusammenhang" aufwiesen.

Initiatoren wollen weitermachen

Zudem liege die Festlegung von Personaluntergrenzen im Pflegebereich nicht in der Gesetzgebungskompetenz des Landes, da dies bereits vom Bund geregelt worden sei. "Die Länder sind nicht berechtigt, eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz dort in Anspruch zu nehmen, wo sie eine abschließende Bundesgesetzgebung für unzulänglich und deshalb reformbedürftig halten", sagte Mehmel. Darüber hinaus erlaube das Hamburgische Volksabstimmungsgestz vor der Durchführung des Begehrens nur eine einmalige, aber keine mehrfache Überarbeitung.

Während die Initiatoren das höchstrichterliche Urteil als "Schlag ins Gesicht der Bevölkerung und der im Pflegebereich Tätigen" bezeichneten, sah Senatskanzleichef Jan Pörksen den Senat in seiner Rechtsauffassung bestätigt. Es sei weniger um inhaltliche als um rechtliche Fragen zur Volksgesetzgebung gegangen. Und das Urteil zeige: "Nicht jedes politisch nachvollziehbare Anliegen ist auch einer Volksinitiative, eines Volksbegehrens und einer Volksgesetzgebung in Hamburg zugänglich."

Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) rief die Kliniken auf, "die neuen guten Finanzierungsmöglichkeiten zu nutzen und mehr Pflegepersonal auszubilden, einzustellen und wiederzugewinnen." Der Senat unterstütze dies mit allen ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.

Auch nach dem Urteil blieben der Personalmangel und seine Folgen "traurige Realität und gefährlich für Patienten wie Beschäftigte", sagte dagegen Mitinitiatorin Kirstin Rautenstrauch, Krankenschwester und Betriebsrätin im Krankenhaus Altona. "Das Verfassungsgericht hat den Senat nicht von seiner politischen Verantwortung entbunden." Die Initiative werde weiter für mehr Personal und bessere Pflege kämpfen.

dpa/acr/LTO-Redaktion

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Keine Gesetzgebungskompetenz: . In: Legal Tribune Online, 08.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35243 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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