Im Mai 2020 entschied das BVerfG, dass das BND-Gesetz reformiert werden muss. Der Gesetzgeber ist dem nachgekommen. Nach Ansicht von Bürgerrechtlern hat er dabei aber erneut verfassungswidrige Zustände geschaffen.
Die weltweiten Überwachungsaktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden erneut zum Fall für das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Der Gesetzgeber habe sich bei der Reform des BND-Gesetzes zum Teil offen über die Vorgaben aus Karlsruhe hinweggesetzt, teilten die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und Reporter ohne Grenzen (RSF) am Donnerstag mit. Außerdem seien neue verfassungswidrige Regelungen aufgenommen worden. Die beiden Organisationen hätten deshalb gemeinsam erneut Verfassungsbeschwerde erhoben.
Sie hatten vor knapp drei Jahren ein wichtiges Urteil zum BND erstritten. Das BVerfG war im Mai 2020 zu dem Schluss gekommen, dass die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung des deutschen Auslandsgeheimdienstes völlig unzureichend geregelt ist. Dabei durchforstet der BND ohne bestimmten Verdacht große Datenströme auf Informationen.
Diese anlasslose Massenüberwachung sollte zwar grundsätzlich möglich bleiben. Das Gericht gab der Politik aber auf, die BND-Befugnisse viel genauer zu regeln und zu begrenzen. Der Staat müsse auch im Ausland die Grundrechte wahren. Damit können sich Menschen weltweit auf das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit berufen. Deutsche Bürger durften schon vorher nicht auf diese Weise überwacht werden.
Das überarbeitete Gesetz war im März 2021 mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen worden. Verfahrenskoordinator Bijan Moini von der GFF erklärte, es enthalte "mehr verfassungswidrige Vorschriften denn je". "Unter dem Deckmantel der strategischen Informationsgewinnung im Ausland darf der BND jetzt zum Beispiel tiefgreifende, auf Einzelpersonen zugeschnittene Überwachungsmittel wie den Staatstrojaner einsetzen, ohne nennenswerte Einschränkungen." In Deutschland sei dem BND nun das Erfassen sogenannter Maschine-zu-Maschine-Kommunikation erlaubt, also zwischen zwei technischen Geräten. Als Beispiel wurden die Metadaten von Gesundheitsapps, Online-Banking oder Navigationsdiensten genannt.
Die Verfassungsbeschwerde verfasste Prof. Dr. Matthias Bäcker von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die GFF und RSF klagen als betroffene Organisationen selbst. Zu den weiteren Beschwerdeführer:innen gehören Menschenrechtsverteidiger:innen und Journalist:innen.
In einem anderen Verfahren der RSF hatte das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch eine vorbeugende Klage gegen eine mögliche Überwachung der Journalisten durch den BND als unzulässig abgewiesen. Die RSF kündigte an, das Urteil ebenfalls in Karlsruhe überprüfen lassen zu wollen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
"Mehr verfassungswidrige Vorschriften denn je": . In: Legal Tribune Online, 26.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50891 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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