Der Deutsche Richterbund hat keine Bedenken gegen den Antrag der Freien und Hansestadt Hamburg, neben einer Erkrankung auch höhere Gewalt als Grund für eine Hemmung der Unterbrechungsfrist anzuerkennen, um zeit- und kostenträchtige Wiederholungen von Hauptverhandlungen zu vermeiden.
Bisher schreibt die Strafprozessordnung (StPO) vor, dass eine Hauptverhandlung maximal bis zu einem Monat unterbrochen werden darf. Der Lauf der Frist ist jedoch für bis zu sechs Wochen gehemmt, wenn zum Beispiel der Angeklagte wegen Krankheit nicht erscheinen kann. Wenn die Verhandlung nicht unmittelbar nach Fristablauf fortgesetzt werden kann, so ist mit ihr von neuem zu beginnen (§ 229 Abs. 3 StPO).
Die Freie und Hansestadt Hamburg will mit ihrem Antrag erreichen, dass neben einer Erkrankung auch höhere Gewalt als Grund für eine Hemmung der oben genannten Unterbrechungsfrist anzuerkennen ist, um zeit- und kostenträchtige Wiederholungen von Hauptverhandlungen zu vermeiden. Zwar sollen die Fälle höherer Gewalt Ausnahmen darstellen, verschiedene Vorgänge der Vergangenheit hätten jedoch ein praktisches Bedürfnis für die Regelung gezeigt. Beispiele stellen etwa die Flugausfälle aufgrund der Vulkanaschewolke und die Sperrung des US-Luftraums nach den Anschlägen vom 11. September 2001 dar.
Der Deutsche Richterbund (DRB) hat gegen diese maßvolle weitere Ausnahme vom strafprozessualen Grundsatz der Konzentration keine Bedenken. Er sieht die vorgeschlagene Erweiterung des § 229 Abs. 3 StPO auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt. Der Begriff der "Höheren Gewalt" sei durch lange Rechtstradition und Rechtsprechung in seinen objektiven und subjektiven Kriterien ausreichend konkret definiert. Er beschreibe Ereignisse, die menschlicher Steuerung entzogen seien und die auch durch die größte, nach dem Einzelfall zu beurteilende, zumutbare und zu erwartende Sorgfalt nicht abgewendet werden können.
Die neue Regelung könne sich kostenmindernd auswirken und trage auch den Interessen der Opfer Rechnung, weil durch die Möglichkeit einer längeren Unterbrechung im Falle höherer Gewalt vermieden werden könne, dass die Hauptverhandlung ausgesetzt und neu begonnen werden müsse. Bei der Beurteilung der Frage der Höchstdauer der Unterbrechung der Hauptverhandlung sollte nach Auffassung des Deutschen Richerbundes allerdings nicht aus dem Blick verloren werden, dass es für Laienrichter bei langer Unterbrechungsdauer mangels Möglichkeit der Auffrischung ihres Erinnerungsvermögens durch Aktenstudium eventuell schwierig werden könnte, das bisher in der Hauptverhandlung Geschehene im Gedächtnis zu behalten. Die Erweiterung des § 229 StPO solle daher auf enge Ausnahmen beschränkt bleiben.
Unterbrechungsfrist der StPO: . In: Legal Tribune Online, 28.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2035 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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