Schon seit Tagen wird die Rechtmäßigkeit des Stralsunder Friedensgespräche-Beschluss infrage gestellt. Jetzt prüft dies auch die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern.
Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern befasst sich mit einem Beschluss der Stralsunder Bürgerschaft, das Rathaus der Hansestadt für Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland anzubieten. Die Rechtsaufsicht des Ministeriums sei in den Prozess der Sachverhaltsaufklärung eingetreten, teilte eine Sprecherin auf Anfrage der dpa mit. Hintergrund ist die mögliche Rechtswidrigkeit des Beschlusses, wie sie bei LTO ausführlich erörtert wurde.
Oberbürgermeister Alexander Badrow (CDU) war vergangene Woche mit großer Mehrheit von der Bürgerschaft beauftragt worden, die Bundesregierung zu informieren, dass das Stralsunder Rathaus für sofortige Friedensgespräche zur Verfügung stehe.
Zur Begründung hieß es im Beschluss der Bürgerschaft: "Es gibt nichts Wichtigeres als Frieden auf unserer Erde. Durch den Überfall Russlands auf die Ukraine haben die Menschen in unserem Land Angst vor einem 3. Weltkrieg. Dieser könnte sehr schnell zu einer nuklearen Katastrophe führen." Man wolle helfen, dass die Kriegsparteien endlich an den Verhandlungstisch kommen.
Friedensgespräche gelten allerdings mehr als acht Monate nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine derzeit als unrealistisch. Erst Anfang Oktober hatte die Ukraine per Dekret Verhandlungen mit dem Russlands Präsident Wladimir Putin verboten.
Fehlende Verbandskompetenz?
Vom Innenministerium in Schwetrin hieß es nun: "Kommunen besitzen kein allgemeinpolitisches Mandat, so dass ihnen diesbezügliche Erklärungen verwehrt sind. Dies gilt auch angesichts des Kriegs in der Ukraine und der Energiekrise." Die Stadt soll zur Klärung beitragen. Dabei gehe es sowohl um den genauen Inhalt des Beschlusses, als auch um eine Einschätzung der Rechtmäßigkeit. Nach Vorliegen dieser Informationen könne dann eine weitere Bewertung erfolgen.
"Sollte sich dabei die fehlende Verbandskompetenz feststellen lassen, wird das Innenministerium die Hansestadt Stralsund darauf hinweisen und sie zur künftigen Beachtung ihrer Verbandskompetenz auffordern", teilte eine Sprecherin des Innenministeriums mit. Zu berücksichtigen sei dabei, ob der Beschluss etwa auch rechtliche Verpflichtungen für die Stadt begründe.
Ein Sprecher der Stadt schrieb auf Anfrage: "Sofern das Innenministerium wegen einer Sachverhaltsaufklärung auf die Hansestadt zukommt, wird die Stadt dem selbstverständlich nachkommen und vom Innenministerium gestellte Fragen beantworten."
In dem Beschluss war auf den Stralsunder Frieden von 1370 und einen Besuch Olof Palmes 1984 verwiesen worden. Damals sei es um die Schaffung eines atomwaffenfreien Sperrgürtels in Mitteleuropa gegangen. Im Jahr 1370 wurde in Stralsund ein Ausgleich zwischen dem dänischen König Waldemar IV. und den Städten der Hanse gefunden.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Fehlt Stralsund die Verbandskompetenz?: . In: Legal Tribune Online, 28.10.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50017 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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