Ein UN-Gericht hat die Freilassung seines in der Türkei inhaftierten Mitglieds angeordnet, der türkische Richter genieße diplomatische Immunität. Die Anordnung ist für die Türkei zwar bindend - entsprechend reagiert hat sie aber noch nicht.
Im Zuge der scharfen Reaktion der türkischen Regierung auf den Putschversuch im letzten Jahr wurden unter anderem zahlreiche Beamte und Journalisten unter Druck gesetzt und entlassen. Auch die Situation für viele Juristen hat sich in dem Land seit den Ereignissen des vergangenen Sommers verschlechtert. Dem Vorgehen der Regierung Erdogans fiel unter anderem ein türkischer Richter zum Opfer, der einem Tribunal der Vereinten Nationen (UN) angehört. Nun ordnete das Gericht die Freilassung seines Mitglieds an.
Aydin Sefa Akay ist Mitglied des Internationalen Residualmechanismus für die Ad-hoc-Strafgerichtshöfe der Vereinten Nationen (MICT). Dahinter verbirgt sich ein Strafgerichtshof, welcher als Nachfolger für die UN-Tribunale für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda eingerichtet wurde, um deren Verfahren zum Abschluss zu bringen.
Im September 2016 war Akay im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putsch in der Türkei festgenommen worden und sitzt seitdem in Haft. In einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung verkündete der MICT seine Anordnung, alle juristischen Schritte gegen Akay einzustellen und ihn bis zum 14. Februar freizulassen. Die Anordnung ist nach einem Beschluss des UN-Sicherheitsrats bindend.
Türkei unterstützte diplomatische Immunität im Sicherheitsrat
Das Gericht erklärte, gemäß seiner Statuten, welche vom Sicherheitsrat mit Unterstützung des seinerzeitigen Mitglieds Türkei angenommen worden seien, genössen seine Richter diplomatische Immunität. Auch der UN-Generalsekretär habe die türkische Regierung bereits darauf hingewiesen und die Freilassung gefordert.
In der Anordnung bezeichnete Gerichtspräsident Theodor Meron die diplomatische Immunität als "Eckpfeiler einer unabhängigen internationalen Gerichtsbarkeit". Auch die von Seiten der Türkei vorgeschlagene Ersetzung des Richters in seinem Tribunal sei keine Option, da sie einen Eingriff nationaler Behörden in die Fallbearbeitung des Gerichts erlauben würde.
Akay ist Mitglied der zuständigen Kammer für das Berufungsverfahren gegen den früheren Planungs-Minister von Ruanda, Augustin Ngirabatware. Dieser war wegen Völkermordes in erster Instanz zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Mit seiner Inhaftierung ist das Verfahren zum Stillstand gekommen.
mam/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
Inhaftiertes Tribunal-Mitglied: . In: Legal Tribune Online, 01.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21954 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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