Abschaffung des § 219a StGB: GroKo-Streit vor dem BVerfG?

12.03.2018

Die Große Koalition ist gerade erst beschlossene Sache, da droht schon wieder Ungemach: Die SPD will das Verbot der Werbung von Schwangerschaftsabbrüchen streichen - die Union erwägt nun den Gang vor das BVerfG.

Im Streit um das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche erwägt die Unionsfraktion im Bundestag den Gang nach Karlsruhe. Sollte ein Gesetz zur Aufhebung des Verbots durchkommen, "ist zu überlegen, ob wir vor das Bundesverfassungsgericht ziehen", sagte die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Wenige Tage vor der Vereidigung der neuen schwarz-roten Regierung zeigte sich auch der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg (CDU), empört. "Die SPD hat in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen Gesetzentwurf mit Maximalforderung eingebracht, der die Union in einer ihrer Grundüberzeugungen vor den Kopf stößt", sagte er dem Magazin.

Die SPD-Fraktion hatte einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des § 219a Strafgesetzbuch (StGB) vorgelegt. Die Norm stellt Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch unter Strafe. Ins Gespräch gekommen war sie vor allem durch den Fall einer Ärztin, die sich vor dem Amstgericht (AG) Gießen wegen einer Information auf ihrer Webiste verantworten musste.

Linke und Grüne ebenfalls für Abschaffung, FDP moderat

Winkelmeier-Becker sagte: "Ich hätte nicht gedacht, dass die neue Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles als Erstes ihren Namen unter einen Antrag setzt, mit dem der Schutz des ungeborenen Lebens vermindert werden soll."

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sprach sich am Samstag im bayrischen Rosenheim nach Angaben des Erzbistums München klar gegen eine Aufweichung oder Abschaffung des Verbots aus: "Abtreibung ist rechtswidrig, Werbung kann nicht infrage kommen."

Im Februar hatte der Bundestag bereits die Vorlagen der Linken, der Grünen und der FDP beraten. Die Linken und Grünen wollen das Werbeverbot ebenfalls abschaffen. Die FDP will nur noch grob anstößige Werbung unter Strafe stellen.

Spiegel: Ärzte bekommen Todesdrohungen

Die FDP warb für ihren Antrag. Die Abschaffung der Norm sei nur die "zweitbeste Lösung", sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Marco Buschmann der am Samstag. Die FDP sei nur gezwungen, SPD, Grünen und Linken dafür zur Mehrheit zu verhelfen, wenn ihr Antrag keine Mehrheit finde. Außer der Union will auch die AfD die Streichung von § 219a Strafgesetzbuch (StGB) verhindern.

SPD-Fraktionsvize Eva Högl hatte betont, dass es vor der Vorlage des SPD-Antrags Gespräche mit der Unionsspitze gegeben habe: "Uns ist wichtig, dass wir am Ende eine Lösung haben, die es Ärztinnen und Ärzten ermöglicht, objektiv über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren, nicht mehr und nicht weniger."

Im Internet führen Abtreibungsgegner laut Spiegel Listen von Ärzten, die Abbrüche vornehmen. Manche Ärzte bekämen Todesdrohungen. Die Vorsitzende des Verbands pro familia, Davina Höblich, sagte dem Magazin: "Der Paragraf 219a trägt zu diesem gesellschaftlichen Klima bei - und sorgt dafür, dass immer weniger Medizinerinnen und Mediziner bereit sind, in dieser rechtlichen Grauzone zu arbeiten."

dpa/mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Abschaffung des § 219a StGB: . In: Legal Tribune Online, 12.03.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/27457 (abgerufen am: 18.11.2024 )

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