Steuerdaten-CD: Ver­fas­sungs­be­schwerde gegen Woh­nungs­durch­su­chung erfolglos

von tko/LTO-Redaktion

30.11.2010

Das BVerfG hat entschieden, dass der für eine Wohnungsdurchsuchung erforderliche Anfangsverdacht ohne Verfassungsverstoß auf Daten gestützt werden kann, die ein Informant aus Liechtenstein auf einem Datenträger an die Bundesrepublik Deutschland verkauft hat.

Gegen die Beschwerdeführer wird wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung in den Veranlagungszeiträumen 2002 bis 2006
ermittelt. Das Amtsgericht ordnete die Durchsuchung der Wohnung der Beschwerdeführer an. Den erforderlichen Anfangsverdacht stützte es darauf, es sei im Rahmen der Ermittlungen gegen einen Liechtensteiner Treuhänder bekannt geworden, dass die Beschwerdeführer über Vermögensanlagen in Liechtenstein verfügten.

Auf Antrag der Beschwerdeführer gewährte die Staatsanwaltschaft ihnen Akteneinsicht in die bei ihr vorhandenen Ermittlungsakten und teilte mit, dass die Daten aus Liechtenstein der Steuerfahndung im Wege der Amtshilfe durch den Bundesnachrichtendienst zur Verfügung gestellt worden seien. Eine Einsichtnahme in das Sicherstellungsverzeichnis bezüglich des Datenträgers und in Protokolle über die Vernehmung des Informanten könne nicht gewährt werden, da diese Unterlagen bei den Ermittlungsbehörden nicht vorhanden seien.

Die Beschwerdeführer legten gegen die Durchsuchungsanordnung Beschwerde ein, die sie damit begründeten, dass die der Durchsuchung zugrundeliegenden Erkenntnisse unverwertbar seien. Die Erhebung der verfahrensgegenständlichen Daten verstoße gegen das Völkerrecht und deren Verwendung gegen innerstaatliches Recht.

Das Landgericht verwarf die Beschwerden als unbegründet.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung ihrer Rechte auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren, ihres Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtsschutzgarantie sowie ihres verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) war die Verfassungsbeschwerde unzulässig im Hinblick auf die Beanstandung, dass das Gericht hätte aufklären müssen, wie die Strafverfolgungsbehörden in den Besitz der Daten gelangten und welche Rolle der Bundesnachrichtendienst dabei gespielt hat.

Die Beschwerdeführer hätten im fachgerichtlichen Verfahren weder ausdrücklich noch konkludent von den Strafverfolgungsbehörden verlangt, den Sachverhalt in Bezug auf die Beschaffung der Datenträger aufzuklären, sondern lediglich die Einsicht in die bei den Strafverfolgungsbehörden befindlichen Unterlagen begehrt. Damit hätten sie den Fachgerichten die Möglichkeit genommen, dazu Stellung zu nehmen oder die entsprechenden Ermittlungen anzustellen, so dass sie mit dieser Rüge im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden können.

Im Übrigen sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten die Beschwerdeführer nicht in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 Abs. 1 GG. Es sei von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass die Fachgerichte den für die Durchsuchung erforderlichen Anfangsverdacht auch auf die Erkenntnisse der Daten aus Liechtenstein gestützt hätten.

Bei der Frage, ob die aus Liechtenstein stammenden Daten für die Annahme
eines hinreichenden Tatverdachts für eine strafprozessuale Durchsuchung
zugrunde gelegt werden dürfen, gehe es nicht um die unmittelbare Geltung
eines Beweisverwertungsverbotes, denn dieses betreffe grundsätzlich
lediglich die unmittelbare Verwertung von rechtswidrig erlangten Beweismitteln im Strafverfahren zur Feststellung der Schuldfrage. Ob und inwieweit Tatsachen, die einem Beweisverwertungsverbot unterliegen, zur Begründung eines Anfangsverdachts einer Durchsuchung herangezogen werden dürfen, betreffe vielmehr die Vorauswirkung von Verwertungsverboten und gehöre in den größeren Zusammenhang der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten. Insoweit sei anerkannt, dass Verfahrensfehlern, die ein Verwertungsverbot für ein Beweismittel zur Folge haben, nicht ohne weiteres Fernwirkung für das gesamte Strafverfahren zukomme (Beschl. v. 09.11.2010, Az. 2 BvR 2101/09).

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Zitiervorschlag

Steuerdaten-CD: . In: Legal Tribune Online, 30.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2047 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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