Stephan Harbarth wird aller Voraussicht nach Andreas Voßkuhle als BVerfG-Präsident ablösen. Früher war Harbarth Politiker und wirkte an Gesetzen mit, die jetzt in Karlsruhe überprüft werden. Ein Problem sieht er dabei nicht.
Der aller Voraussicht nach künftige Präsident des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), Stephan Harbarth, sieht keinen Konflikt mit seiner früheren Funktion als Vizechef der Unionsfraktion. "Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, dass auch Politiker an das Bundesverfassungsgericht berufen werden können", sagte der 48-Jährige der Augsburger Allgemeinen (Montag). "Wenn aus meiner Sicht eine Befangenheit vorliegen könnte, werde ich das dem Gericht anzeigen. Dann wird nach den gesetzlichen Vorgaben ohne meine Mitwirkung entschieden, ob ich an diesem Verfahren mitwirken kann oder nicht." Die Frage stelle sich im Übrigen genauso bei Richtern ohne Vorleben als Politiker, die zum Beispiel früher als Hochschullehrer Gutachten zu bestimmten Themen erstellt hätten.
Harbarths Richterkollegen im Ersten Senat hatten im Dezember entschieden, dass ihr Vorsitzender über die Verfassungsmäßigkeit des 2017 beschlossenen Verbots von Kinderehen mitentscheiden kann. Harbarth hatte zwar angegeben, damals im Bundestag intensiv in die Vorbereitung und Verabschiedung eingebunden gewesen zu sein. Der Senat sah mehrheitlich trotzdem keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln - Harbarth habe damals rein rechtspolitisch argumentiert.
Bereits bei seinem Amtsantritt Ende 2018 hatte es Kritik an der Wahl eines Berufspolitikers gegeben. So müsse er als Verfassungsrichter regelmäßig über die von ihm selbst beschlossenen Gesetze entscheiden. Außerdem sei Harbarth Partner der Rechtsanwaltskanzlei SZA Schilling Zutt & Anschütz, die auch VW im Diesel-Skandal vertrete. Hieraus könnten sich ebenfalls Interessenskonflikte ergeben. Verhindern konnten diese Argumente seine Wahl nicht: Die Mehrheit im Bundestag hielt dagegen, dass gerade Harbarths Erfahrungen als Politiker und Anwalt das Gericht bereicherten.
Harbarth soll in den nächsten Wochen Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle ablösen, dessen Zeit in Karlsruhe turnusmäßig Anfang Mai nach zwölf Jahren endet. Dass der Vizepräsident aufrückt, gilt als ungeschriebene Regel und ist seit Harbarths Wechsel ans Gericht Ende 2018 vorgezeichnet. Er muss aber noch vom Bundesrat mit Zweidrittel-Mehrheit gewählt werden. Damit Voßkuhle aufhören kann, muss zudem seine Richterstelle im Zweiten Senat nachbesetzt werden.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Voßkule-Nachfolge am BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 16.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40855 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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