Vorwurf der Terrorpropaganda: Türkei reicht Stel­lun­g­nahme im Fall Yücel bei EGMR ein

01.12.2017

Deniz Yücel sitzt seit mehr als neun Monaten ohne Anklage in Untersuchungshaft. Die türkische Regierung hält das für gerechtfertigt, erklärte sie in einer schriftlichen Erklärung an den EGMR. 

Die Türkei wirft dem seit mehr als neun Monaten inhaftierten Welt-Journalisten Deniz Yücel Terrorpropaganda und Volksverhetzung vor und hält seine Untersuchungshaft für gerechtfertigt. Das geht aus einer türkischen Stellungnahme beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hervor. Die Maßnahmen gegen den Journalisten seien "notwendig und angemessen", heißt es darin. 

Die türkische Regierung fordert das Gericht dazu auf, die Beschwerde Yücels gegen seine Untersuchungshaft abzulehnen. Yücel habe im März Beschwerde beim türkischen Verfassungsgericht eingereicht und müsse den nationalen Rechtsweg zunächst ausschöpfen, hieß es unter anderem zur Begründung. Dass das Verfassungsgericht noch keine Entscheidung getroffen habe, sei angesichts des Ausnahmezustands in der Türkei und der hohen Belastung der Gerichte "äußerst vertretbar".

Die Türkei hatte die Stellungnahme am Dienstag, kurz vor Ablauf der vom EGMR gesetzten Frist, in Straßburg eingereicht. Yücel ist seit dem 27. Februar in der Haftanstalt Silivri westlich von Istanbul inhaftiert. Eine Anklageschrift liegt noch nicht vor. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Journalisten mehrfach als "Spion" bezeichnet. In der Stellungnahme der türkischen Regierung kommt der Vorwurf der Spionage jedoch nicht vor.

Propaganda zugunsten der PKK und Gülen-Bewegung

Wie aus der Stellungnahme deutlich wird, ist die türkische Regierung der Ansicht, dass die Ermittlungen gegen Yücel nichts mit seiner Tätigkeit als Journalist zu tun haben. Vielmehr bestehe der dringende Verdacht, dass Yücel in Einklang mit den Zielen von Terrororganisationen gehandelt und "Propaganda zugunsten der Terrororganisation verbreitet und Handlungen ausgeführt habe, um einen Konflikt zwischen türkischen und kurdischen Gesellschaftsgruppen anzuzetteln". Mit Terrororganisationen sind die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Gülen-Bewegung gemeint. Die Türkei macht letztere für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.

Schon aus der Begründung für den Haftbefehl ging hervor, dass Yücel Propaganda für die PKK, die Gülen-Bewegung sowie Volksverhetzung vorgeworfen wird. Unter anderem erwähnte das Gericht ein Interview von Yücel mit dem PKK-Anführer Cemil Bayik aus dem Jahr 2015, dass die Staatsanwaltschaft als Terrorpropaganda wertet. Die türkische Regierung zitiert in ihrer Stellungnahme nun auch aus dem Gerichtsprotokoll von damals.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Vorwurf der Terrorpropaganda: . In: Legal Tribune Online, 01.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25823 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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