Die Richter am EuGH sind bei der Bearbeitung von Vorabentscheidungsersuchen so schnell wie seit 30 Jahren nicht, zeigt die Statistik für 2016. Auch die Anzahl der eingereichten Ersuchen nationaler Gerichte liegt auf Rekordhoch.
Der Europäische Gerichtshofs (EuGH) hat 2016 mit 704 Rechtssachen 14 Prozent mehr Fälle erledigen können als im Vorjahr. Das zeigt die Rechtsprechungsstatistik der europäischen Gerichte für 2016. Damit lag die Zahl der Erledigungen sogar über den Neueingängen (692). Die Anzahl der anhängigen Rechtssachen zum 31. Dezember 2016 ist daher mit 872 leicht zurückläufig.
Von den 2016 neu eingegangenen Rechtssachen gehen 470 auf Vorabentscheidungsersuchen nationaler Gerichte zurück. Dies stellt einen Rekordwert in der Geschichte des Gerichtshofs dar, der nach Einschätzung eines Sprechers des EuGH die Bedeutung des Vorabentscheidungsverfahrens für die Umsetzung des Unionsrechts verdeutliche. Zudem sei durch diese Entwicklung das Vertrauen erkennbar, das die nationalen Gerichte dieser Form der gerichtlichen Zusammenarbeit im Hinblick auf die einheitliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts entgegen brächten.
Ein weiterer ausgeprägter Trend betrifft die durchschnittliche Dauer der Verfahren vor dem EuGH. Bei den Vorabentscheidungssachen lag sie im Jahr 2016 bei 15 Monaten. Dies ist der niedrigste verzeichnete Wert seit 30 Jahren. Mit einer Verfahrensdauer von 12,9 Monaten bei den Rechtsmitteln wurde der niedrigste Wert seit Errichtung des Gerichts erreicht. Im Durchschnitt belief sich die Gesamtdauer der Verfahren auf 14,7 Monate. Diese Werte verudetlichen das Bemühen des Gerichtshofs, seine Effizienz zu erhöhen.
Positiver Trend auch beim Gericht der EU
Beim Gericht der ersten Instanz der Europäischen Union (EuG) stieg die Zahl der neu eingegangenen Rechtssachen um 17 Prozent auf 974 (831 im Jahr 2015). Dieser Anstieg sei in erster Linie auf die Übertragung der Zuständigkeit für die Entscheidung im ersten Rechtszug über die dienstrechtlichen Streitigkeiten der Union (allein 163 Rechtssachen) zurückzuführen, teilte ein Sprecher mit. Die Zahl der anhängigen Rechtssachen ist in einer vergleichbaren Größenordnung – von 1.267 im Jahr 2015 auf 1.486 im Jahr 2016 – gestiegen.
Mit 755 erledigten Rechtssachen erreichte das EuG eine Zahl, die zu den drei höchsten des Gerichts seit seiner Errichtung gehört. Der Rückgang gegenüber den Erledigungen 2014 und 2015 (814 und 987) beruht nsbesondere im Jahr 2015 auf einem Abbau der Rückstände, auf der alle drei Jahre stattfindenden Neubesetzung des Gerichts und auf dessen interner Umorganisaiton.
Auch beim EuG zeigte sich ein positiver Trend hinsichtlich der Verfahrensdauer. Mit einer durchschnittlichen Gesamtdauer von 18,7 Monaten (durch Urteil oder Beschluss erledigte Rechtssachen aller Sachgebiete) hat sich die bisherige Entwicklung mit einem Rückgang um 1,9 Monaten gegenüber 2015 und 8,2 Monaten gegenüber 2013 bestätigt.
Schließlich stieg die Zahl der einer Spruchkammer mit fünf Richtern zugewiesenen Rechtssachen im Jahr 2016 auf 29. In den Jahren 2010 bis 2015 waren es hingegen durchschnittlich nur neun Rechtssachen. Grund für den Anstieg ist insbesondere die Umorganisation des Gerichts und neue Möglichkeiten, die sich durch die Umsetzung der Reform des Gerichtssystems der EU ergeben haben.
nas/LTO-Redaktion
Rechtsprechungsstatistik europäischer Gerichte: . In: Legal Tribune Online, 20.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22145 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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