Nach Verfahrenseinstellung gegen Soldaten: Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terin von der Leyen rügt Staats­an­walt­schaft

22.03.2017

Weil sie das Strafverfahren gegen einen Hauptmann einstellte, der einer Soldatin ans Gesäß gefasst hatte, fing sich die Staatsanwaltschaft Oldenburg einen Rüffel von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ein.

Die Diskussionen darüber, welches sexuell konnotierte Verhalten bloß ungebührlich ist und welches strafbar sein sollte, sind nach der Sexualstrafrechtsreform im letzten Jahr gerade erst ein wenig abgeebbt. Nun gießt die Staatsanwaltschaft Oldenburg, ob beabsichtigt oder nicht, wieder Öl ins Feuer, letztlich schaltete sich sogar Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ein.

Im September 2015 hatte eine Soldatin Strafanzeige gegen einen Hauptmann gestellt, weil dieser sie während eines Festes im Juni zuvor bedrängt und belästigt habe. Unter anderem ist es dabei nach den Erkenntnissen der zunächst ermittelnden Staatsanwaltschaft Oldenburg zu Aufforderungen zum Sex und einem Griff ans Gesäß der Frau gekommen.

Das Verfahren wurde gleichwohl eingestellt, da der in Betracht kommende Tatbestand der Beleidigung - der Vorfall ereignete sich vor der Sexualstrafrechtsreform - nicht erfüllt sei. Eine Ehrverletzung der Frau sei im Verhalten des Beschuldigten nicht zu erblicken, so die Begründung der Staatsanwaltschaft.

Staatsanwaltschaft: Bloßes "Imponiergehabe"

"Bei dem von Ihnen beschriebenen 'Imponiergehabe' des Beschuldigten (Posen, Muskelspiel, Aufforderung zum Sex, Griff an das Gesäß) ist jedoch nach allgemeinen (vorwiegend männlichem) Verständnis davon auszugehen, dass der Beschuldigte sein Interesse an Ihnen kundtun wollte", heißt es in einem Schreiben der Behörde.

Diese wertet das Verhalten des Hauptmannes somit zwar als "übergriffig, distanzlos und unverschämt", jedoch nicht strafwürdig. Eine mögliche wehrdisziplinarische Ahndung bleibt davon unberührt

Wegen dieser Begründung sah sich nun die oberste Dienstherrin der beiden Beteiligten, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, genötigt, selbst Stellung zur Sache zu beziehen. Zwar könne die Staatsanwaltschaft als unabhängige Behörde zu dieser Bewertung kommen, so von der Leyen in einem offenen Brief, der am Dienstag auf der Homepage ihres Ministeriums erschien. Allerdings sei die Wortwahl der Begründung "völlig inakzeptabel" und signalisiere der Soldatin, sie müsse sich übergriffiges und unverschämtes Verhalten von Kameraden gefallen lassen.

Harsche Kritik von von der Leyen

Trotz ihrer Bemühung, dein Eindruck zu vermeiden, sie wolle die juristische Bewertung durch die Staatsanwaltschaft inhaltlich kritisieren, erklärte von der Leyen, deren Interpretation des fraglichen Verhaltens sei "abenteuerlich und aus der Zeit gefallen". Zudem mache sie den Mut zunichte, sich gegen sexuelle Belästigung zu wehren.

Die kritisierte Behörde erwiderte in einer Stellungnahme, die mit der Sache befasste Staatsanwältin habe den angezeigten Sachverhalt umfassend geprüft und rechtlich gewertet, ohne dabei auf Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Verdächtigen zu stoßen.

Die Verschärfung des Sexualstrafrechts im November 2016 war zum Tatzeitpunkt noch nicht in Kraft getreten. In diesem Zusammenhang wurde der Tatbestand des sexuellen Übergriffs in § 177 des Strafgesetzbuchs (StGB) eingefügt. "Nach heutigem Recht ist ein sexuell motiviertes und das Opfer belästigendes Berühren am Gesäß strafbar", erklärte eine Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums dazu.

mam/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Nach Verfahrenseinstellung gegen Soldaten: . In: Legal Tribune Online, 22.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22444 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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